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Veröffentlicht am 28. Juli 2023 von lyrikzeitung
Hans Ehrenbaum-Degele
(* 24. Juli 1889 in Berlin; † 28. Juli 1915 „gefallen“ am Narew)
Der Dichter Es neigte sich die Schar der jungen Knechte Dem wirren Haar und dem zerschlißnen Rock. Die Straße weiter taperte die Rechte, Die Linke hielt sich krampfig fest am Stock. Scham schlug ihm rot empor: er war betrunken Und rang mit seinem Weg; und jäh erblaßt War er im Rinnstein stolpernd hingesunken Und raffte sich empor in wirrer Hast. Da kam's, daß er den Blick nach innen schlug, Wo er, buntwechselnd wie Geleucht der Meere, Wuchernder Blumen Fülle in sich trug. Und atemraubend gab der süße, schwere Duft seinem Sinn, der wie ein großer Falter In ihre tiefen Rätselkelche sank, Seltsamen Traum und schuf ihn zum Gestalter, Der Lust und Qual in seine Lieder zwang. So ging er, in sein Fühlen tief versunken, Betäubt von Fiebern, Künder schwüler Nächte. Man wich ihm schonend aus: er war betrunken. Es neigte sich die Schar der jungen Knechte.
Aus: Versensporn 33: Hans Ehrenbaum-Degele. Jena: Edition Poesie schmeckt gut, 2018, S. 10
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Hans Ehrenbaum-Degele
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