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Die Gedichte des Luís de Camões liegen jetzt in einer großartigen Ausgabe auf Deutsch vor. 423 Seiten, mehr als hundert Gedichte, mit einem Vorwort, mit Kommentaren von Rafael Arnold. Dem Vorwort entnehme ich, dass das Titelgedicht dieser Ausgabe „Com que voz?“ erst seit 1922 Camões zugeschrieben wird. Dort erfahre ich auch, dass nach dem Tode des Dichters eine wundersame Vermehrung seines Werkes stattfand. Wir lesen also, wenn wir Camões lesen, nicht nur Camões. Die von Rafael Arnold betreute Ausgabe kann da nicht die Schafe von den Böcken scheiden. Sie kann uns nur helfen beim Verständnis des portugiesischen Dichters. Sie tut das, in dem sie Übersetzung und Original neben einander druckt. Bei manchen Gedichten sind es zwei, drei Übersetzungen, bei „alma minha gentil..“, einer Variation, so sagt der Herausgeber, über ein Thema von Petrarca, sind es zehn! Der Leser fängt an Camões scheinbar zu vergessen und versackt in den deutschen Versionen, die zwischen 1803 und 2012 entstanden. Er lächelt, wenn er liest, dass im Jahre 1803 die ersten Worte des Gedichtes – gewissermaßen schillernd – als „O edle Seele“ in Deutschland eintrafen. Wie schön ist dagegen der Klang der ersten Worte von Karl Moritz Rapps (1803 – 1883) Übertragung der Verse des Camões ins Oberschwäbische: „Du guote liobe sal“ aus dem Jahre 1855. / Arno Widmann, Berliner Zeitung
Luís de Camões: Com que voz? Mit welcher Stimme?, herausgegeben und kommentiert von Rafael Arnold, Elfenbein, Berlin 2013, 423 Seiten, 24 Euro
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