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Veröffentlicht am 19. Oktober 2013 von lyrikzeitung
Lyrik ist in Arabien Königsdisziplin
– das zitierte die Lyrikzeitung vor fast 13 Jahren aus dem Berner „Bund“. Nun gut, dort schreiben auch noch – wie einst in den andalusischen Königreichen – Könige und Emire selber Gedichte und vergeben fürstliche Preise an Dichter. Manche stecken sie auch ins Gefängnis.
In Deutschland dichten die Könige im allgemeinen nicht mehr. Friedrich der Große dichtete ganz viel, aber nicht auf Deutsch, und bis heute ist nur ein Teil davon ins Deutsche übersetzt, es scheint nicht zu pressieren. Aber wir führen das Wort gern im Mund, wenn wir über Lyrik, Hiphop, Comedy oder Bürostuhl-Rennen schreiben. Jüngst schrieb ein Zeit-Autor über den Deutschen Buchpreis:
Dass die Königsdisziplin der Literatur, die Lyrik, vom Buchpreis ausgeschlossen ist, zeigt nur, dass man ihm nicht allzu sehr vertrauen sollte.
Und er hat Recht damit. Wider Erwarten erwartungsfroh schlagen wir deshalb die Literaturbeilage ebenjener „Zeit“-Schrift auf, um etwas Neues über die von den anderen vernachlässigte Königsdisziplin zu erfahren. Aber vergeblich. „Im Dschungel der Bücher“ versprechen sie Durchblick, „die wichtigsten Neuerscheinungen des Herbstes“ (immer ist es DAS WICHTIGSTE wenn sie reden, darunter fangen sie nicht an) versprechen sie, aber Lyrik fehlt. Die Königsdisziplin kommt nicht vor. Es ist ihnen nicht wichtig, es war nur ein dummer Spruch, ein Zeilenfüller, ein Nullargument. Geistige Gummibärchen! Ich borge mir die Geste eines Fernsehkritikers und werfe das Blatt mit verächtlichem Mundwinkel, wo es hingehört, auf den Müll.
Geistige Gummibärchen ist eine Kolumne zur Poesie des Medienspeak.
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Die Zeit, Geistige Gummibärchen
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