23. Stötzer

Der Autor Jan Kuhlbrodt hat in „Stötzers Lied“ einen Gedichtband geschrieben, der den Umgang mit der deutschen Geschichte aus den Augen des titelgebenden Leipziger Stötzers thematisiert. Die Figur, so der Autor, sei einem Professor seiner Leipziger Studienzeiten angelehnt. …

Stötzer wandert durch Leipzig, durch die Gestalten der Stadt, deren Veränderung, Geschichte und mit ihm der Erzähler. Aber es ist keine Erzählung, die er beschreibt. Er folgt dem Rhythmus und Ton der Gedanken Stötzers, seinen Assoziationen, Eindrücken. Vom Völkerschlachtdenkmal zum alten Messegelände, in die Nachklänge sozialistischer Weltvorstellungen, bis zum sandgestrahlten Bundesverwaltungsgericht, angestrahlt in der Nacht. Die neue Doktrin bewegt sich in einer Mitte, die sachlich, sauber, konform ist, der vermeintliche Pragmatismus einer Wirtschaftsgläubigkeit. Stötzer kann es nicht fassen. Doch er ist kein Empörter, er durchstreift die Lage, eine Randfigur. Jan Kuhlbrodt schreibt von diesem Streifen in erzählender Lyrik oder lyrischer Prosa, Bilder werden von kurzen Schilderungen getragen. Als Leitsatz fungiert dabei ein Gedanke, in dem es heißt: Es gelte mit der Sprechstimme die Denkstimme nachzuahmen. Vom Denken ins Sprechen ins Schreiben – um diese Bewegung ins Spiel zu bringen, dazu braucht es den Abstand zum vorgefassten Genre. / Volkmar Mühleis, DLF (auch zum Nachhören)

Jan Kuhlbrodt
Stötzers Lied – Gesang vom Leben danach, im Berliner Verlagshaus Frank, 180 Seiten, 13,90 Euro

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