Man sieht die 1915 in Kärnten geborene, 1973 gestorbene Dichterin oft mit einem Kopftuch und tiefen Augenringen. Am eindrucksvollsten aber ist eine Fotografie, auf der sie gar nicht zu sehen ist, nur ihr Schlaf- und Arbeitsraum im Hause der Freundin, bei der sie immer wieder wohnte, wenn sie nicht gerade im Krankenheim war. Man sieht ihr mit einer Wolldecke überworfenes Bett, auf dem Nachttisch eine große Packung der Zigarettenmarke, die sie rauchte, Bücher und eine einstielige Blume – und im Vordergrund eine große Schale, in der Strickzeug liegt. Wenn man weiß, dass Christine Lavant ihren Lebensunterhalt mit Stricken zu verdienen versuchte, erhält diese Strickarbeit im Zentrum des Bildes eine besondere Bedeutung. Und als sie dann mit Preisen gewürdigt wurde – unter anderem erhielt sie 1954 den Georg-Trakl-Preis und 1970 den Großen Österreichischen Staatspreis für Literatur – war das Stricken gleichwohl Symbol für das eiserne Ringen einer Autorin, die immer wieder vergessen zu werden drohte. Jetzt betreut der Göttinger Wallstein Verlag den Nachlass und startet mit einem ersten Band.
/ Anja Hirsch, wdr3


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