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Veröffentlicht am 22. November 2012 von lyrikzeitung
„Nichts hält dich, nur die Melodie, das Lied“ – „stets wenn ich Gehen übe,/ ist die Erinnerung größer,/und nur wo wir beide gingen,/ist fester Grund“ – „Der Quell ostdeutscher Flüsse ist ein Tränenstrom“ – „Wir trinken Wasser, das aus deinen Bergen kommt,/und können deine reiche Sprache doch nicht sprechen.“ [an eine tschechische Autorin]
Die Rezensentin des DLR zitiert dies durchweg lobend aus Uwe Kolbes neuem Gedichtband (klingt das erste nicht exakt nach Eva Strittmatter?), und ich frage mich, ob sie sozusagen zielsicher banale Stellen herausfindet oder ob das Buch wirklich so schwächelt. I will see by myself.
Uwe Kolbe: Lietzenlieder. Gedichte
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2012
111 Seiten, 16,99 Euro
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Uwe Kolbe
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tolles Gedicht! Hat für mich HAIKU-Qualität!
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ich lese das gerade. bin zwiegespalten, kämpfe aber auch mit mir. es ist ein generationen phänomen, aber ich bin hochgradig emotional dabei. mag das aber in dem text übers buch nicht verbergen (ick bin ja keen renzensent) nächste woche denk ich hab ich was fertig
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Ich würde der Rezension nicht trauen, kenne aber das Buch auch nicht. Einen besseren Eindruck, in beiderlei Hinsicht gewinnt man hier: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/buechermarkt/1919928/
In dieser Rezension geht es merklich darum positiv besetzte Intensitätsvokabeln und Schlagwörter zu einem Text mit möglichst unverbindlichem Sinn zu verbinden. Eine Zumutung:
„ „die Herausforderung des „Alles-oder-Nichts“, dem ein mögliches Scheitern stets eingeschrieben ist und das an der Substanz zehrt.““
Jaja!! Der Dichterheld und das Scheitern … aber ist eine Herausforderung, an der man nicht scheitern kann denn noch eine Herausforderung? (Übrigens ist „ … das an der Substanz zehrt“ ein unglücklicher Anschluss an das vorher Gesagte, man hätte besser mit feminin weiter gebaut, denn dass, was da zehrt, so will der Satz ja aussagen, zehrt auch dann, wenn das Scheitern eben nicht eintritt.)
„So wird nicht nur der Eros des Dichtens mit handwerklicher Perfektion erkundet.“ nicht die Gedichte haben handwerkliche Perfektion und auch nicht deren Eros, sondern die Erkundung dieses Eros ist handwerklich perfekt. Was heißt das und woher weiß die Autorin das?
Abgesehen davon: Was sagt denn das naseseiße Attribut „handwerkliche Präzission“ überhaupt: „Robert Schumann schuf Kompositionen von hoher hanwerklicher Präzision“ Das ist entweder banal, weil er eben komponieren konnte, oder sogar falsch, weil zu seiner Zeit einige seiner kompositorischen Angewohnheiten ja als Lässigkeiten oder Patzer rezipiert wurden.
„Die Sprache der Poesie als Nicht-Ort könnte intellektuell genauer und sinnlicher kaum kartographiert werden.“ Etwas wird kartographiert, genau und sinnlich. Worauf bezieht sich sinnlich: Sinnfällig im Sinne einer gut lesbaren Karte? Oder Eine schön bunte Karte? Oder sind wo Häuser stehen, ein paar hüsche Häuschen skizziert auf der Karte?
Das ganze wird intelektuell kartografiert. Diese Karte hat also eine Art intellektuelle (= unsinnliche?) Sinnlichkeit. Oder ist sie nur in Hinsicht auf das Intellektuelle genauer und darüber hinaus sinnlich? Während sie in Bezug zum Gegenteil des intellektuellen (vielleicht des emotionalen z.B.?) weniger genau ist? Es soll etwas kartographiert werden. Die Sprache. Nicht irgendeine sondern die Sprache der Poesie, allerdings soll nicht, wie man denken möchte ein Ort sondern ein Nicht Ort kartografiert werden … nein, die Sprache der Poesie ist sowohl ein Ort (den wer mag kartografieren kann) als auch gleichzeitig ein Nichtort. Diesen Prozess nun beherscht Kolbe nun als trefflichste. Ich hätte gerne gewußt, was Kolbe das gemacht hat, wie er das gemacht hat und woher die Autorin der Rezension weiß, dass es sich so verhält. Und das ist genu genommen schon eine wohlwollende Lesart: Wenn man etwas meint, man könnte eine Karte nur von Orten im weitesten Sinne anfertigen, aber nicht von nichtorten, dann kann es kaum einer besser machen als Kolbe, weil es ja von vornherein gar nicht ginge. Die Sprachlandschaft Kolbes könnte intellektuell schwadiger und sinnloser kaum kartographiert werden: „Kolbe praktiziert ein poetisches Unterwegssein, das bei der Selbsterkundung auf Landschaften stößt, die von den Verwerfungen der Geschichte stigmatisiert sind“ oder doch lieber: „Kolbe praktiziert eine poetische Erkundung, die bei den Selbstlandschaften auf Geschichten stößt, die von den Verwerfungen des Unterwegssein stigmatisiert sind“ usw.
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