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Veröffentlicht am 11. April 2010 von lyrikzeitung
Seit meiner Kindheit kenne ich dieses wunderbare Gedicht von Daniil Charms: Ein Mann mit Säckchen und mit Stock / trat einmal aus dem Haus / und in die Wolt / und in die Wult / und in die Welt hinaus. So beginnt es in Alexander Nitzbergs Übersetzung (Daniil Charms: Seltsame Seiten, Bloomsbury, Berlin 2009). Ein berühmtes Gedicht. Und ein seltsames. Sofort nach seinem Erscheinen in einem sowjetischen Kindermagazin wurden Inhalte hineingelesen, die es nicht hatte. Am 1. Juni 1937 schrieb Charms in sein Tagebuch: „Nun ist eine Zeit gekommen, die noch schlimmer für mich ist. Im Kinderverlag hat man ein Gedicht von mir bekrittelt …” Später interpretierte man das Gedicht als mutige Parabel zum Großen Terror. Ich bezweifle das: Charms war kein Selbstmörder. Aber ich spürte immer, dass eine Geschichte dahintersteckt, nur wusste ich nicht, welche. Jetzt habe ich eine Vermutung. / Oleg Jurjew, Tagesspiegel 11.4.
Kategorie: RußlandSchlagworte: Alexander Nitzberg, Daniil Charms, Oleg Jurjew
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