161. Alfred Kerr, Entdecker

Bald jedoch wurde Kerr zum leidenschaftlichen Entdecker und Förderer:

„Er hat beispielsweise sich mit Robert Musil hingesetzt, ist mit ihm jede Zeile des „Törleß“ durchgegangen, hat ihm einen Verlag gesucht, und dann eine sehr wichtige Musil-Kritik im „Tag“ geliefert, 1906. Er hat auf die Begabung von Else Lasker-Schüler hingewiesen, als es noch niemandem einfiel, und bis zum Schluss – noch 1945 entdeckte er Vercors, den Dichter der französischen Widerstandbewegung, „Das Schweigen der See“, also er hatte eine wahnsinnige Begabung, andere Begabungen zu finden, und war auch in der Hinsicht sehr großzügig jungen Dichtern gegenüber.“

Kerr „lebte in und mit der Literatur“, wie Günther Rühle im Nachwort dieses sorgfältig edierten Bandes schreibt. Bei der Auswahl der Texte wurde die Herausgeberin Deborah Vietor-Engländer selbst zur Entdeckerin:

„Ich wollte zeigen, dass es einen ganz unbekannten Kerr gibt. Einen Literaturkritiker, nicht – wie man immer denkt – einen Theaterkritiker, denn kaum jemand weiß, dass er Lyrik, Opernlibretti, Reisebücher und dergleichen geschrieben hat. Ich wollte zeigen, dass er ein großer Literaturkritiker war, der sehr viele Entdeckungen gemacht hat, und ein außerordentlich Zukunftsgerichteter Mensch war.“ /Jens Brüning, DLR

Alfred Kerr: „Sucher und Selige, Moralisten und Büßer.Literarische Ermittlungen. Band IV“, S. Fischer Verlag, Frankfurt 2009, 519 Seiten

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