138. Ohne Filter

„Altern muss ich, aber sterben würde ich lieber nicht.“ Heißt es – bar jeder Naivität – in einem der Gedichte, die an Geburtstagen entstehen. In einem anderen: „Meine Haut … hängt lose, wellig, wie Dünen auf dem Mars.“ In „Darmspiegelung“ betrachtet er, „wie der eigene Dickdarm sich gelassen vorbeischlängelt“. Noch bedrohlicher als die physische Malaise des Alterns kommt eine Angst vor Verlust des Handwerkzeugs, der Sprache. „Bleibt bei mir Wörter, bleibt noch ein bisschen.“ Doch Gewissheit reift. „Anscheinend hat der Tod das Tor gefunden, durch das er eintreten wird: meine Lungen.“

Da ist kein Erzählerfilter zwischengeschoben, kein Medium, das eigenes Empfinden stellvertretert. Es ist John Updike, entblößt, der fühlt: „innen bin ich matt, am Ertrinken“. Todesbangigkeit und Klarsicht, Betroffensein und auch Ironisieren, tja ein Kokettieren, mit dem unabwendbaren Urteil – das Unvereinbare zu vereinen, ist, was hier Literatur werden lässt.  / Roland Gutsch, Nordkurier

John Updike: Endpunkt und andere Gedichte. Rowohlt Verlag, Reinbek. 109 Seiten, 19,90 Euro. ISBN 978-3-498-06888-2.

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