21. Zensor und UNESCO-Chef?

In wenigen Wochen sind Unescowahlen, und es besteht die Chance (oder für einige die Gefahr), daß der ägyptische Kulturminister Faruq Hosni zum Generaldirektor gewählt wird. „Antisemitisch oder Pro-Israel?“ titelt AFP. Als Kulturminister in den letzten 22 Jahren habe er die volle Normalisierung zwischen Ägypten und Israel abgelehnt, solange es keinen Friedensvertrag mit den Palästinensern gebe. Als UNESCO-Chef aber wolle er für eine Annäherung in der Region ohne Ausnahme eintreten. Zu Hause wiederum wird ihm ein weicher Ton im Umgang mit Israel vorgeworfen.
Umstritten ist seine Eignung für das Amt auch wegen innerer Fragen in seinem Amtsbereich. Als Kulturminister sei er nämlich auch der oberste Zensor seines Landes und von fürchterlicher Effektivität, schreibt agoravox. Er habe zahlreiche Bücher verboten, die die Sicherheit des Landes aufs Höchste gefährdeten. Auf der Kairoer Buchmesse 2008 wurden vier ins Arabische übersetzte Romane von Milan Kundera verboten – der libanesische Verleger durfte sie nicht mit nach Ägypten bringen, sie wurden beschlagnahmt und ihm nicht zurückgegeben. Ähnlich ging es mit Büchern von Mohamed Choukri, der in mehreren arabischen Ländern verboten ist. Der in Deutschland beheimatete Verleger al-Jamal nennt mehrere seiner Werke, die verboten wurden, darunter Paul Bowles: le Reclus de Tanger, La tente, La séduction du merle blanc. Im Jahr zuvor war u.a. „Alexis Sorbas“ von Nikos Kazantzakis betroffen. Dem Artikel ist eine lange Liste von Repressalien aus dem 20. Jahrhundert beigefügt, darin verbotene, verfolgte, ermordete oder hingerichtete Lyriker.

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