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Veröffentlicht am 20. Juli 2009 von lyrikzeitung
Begriffe wie «Einfühlung», «Seele», «Wert», «Wahrheit», «Verantwortung», «Leben» kehren bei Bachtin häufig wieder; sie machen deutlich, dass sein Interesse nicht primär der Literatur als Kunst, vielmehr der Literatur als einer Art von künstlerischer Ethik, wenn nicht gar als Lebenshilfe gilt. Demgegenüber bleiben für ihn Form- und Stilfragen sekundär, und er scheut sich nicht, die Aufwertung der ästhetischen Komponenten in der Literatur der Moderne als formalistischen Hokuspokus abzutun, wenn nicht für «dekadent» zu halten. Stets behält in seiner Konzeption der «Inhalt» Vorrang vor der «Form», und folglich gilt ihm auch die Sprache ausschliesslich als Medium der Verständigung, niemals aber als eigenständige und selbstwertige Gegebenheit ästhetischer Erfahrung. Die Sprachform ist immer «bedingt», sie kann nur «dienen», nicht aber – wie in der Poesie von Rimbaud bis Chlebnikow und Marina Zwetajewa – «selbstredend» eingesetzt werden: «Der Dichter ist Schöpfer nicht in der Welt der Sprache, er bedient sich ihrer nur.»/ Felix Philipp Ingold, NZZ 16.7.
Michail M. Bachtin: Autor und Held in der ästhetischen Tätigkeit. Herausgegeben von Ulrich Schmid, Edward Kowalski und Rainer Grübel. Suhrkamp-Verlag (stw 1878), Frankfurt am Main 2008. 356 S., Fr. 24.50. Michail M. Bachtin: Chronotopos. Aus dem Russischen von Michael Dewey. Suhrkamp-Verlag (stw 1879), Frankfurt am Main 2008. 242 S., Fr. 18.90
Kategorie: Rußland, SchweizSchlagworte: Ästhetik, Felix Philipp Ingold, Michail M. Bachtin
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