Gustafssons Xanadu

Der 1936 geborene Lars Gustafsson legt so etwas wie eine „Summa“ vor. Seine Gedichte lassen sich lesen als Abbreviaturen seiner autobiographischen Romane und seiner philosophischen Gedankenspiele. Immer wieder tritt an die Stelle einer epischen oder logischen Integration die erotische Inventarisierung von Einzelheiten, von seltsamen Vögeln, von Wintern, wie sie einmal waren, von all den komischen Dingen, die herabgestiegen sind „aus dem Himmel der Formen, / um Platz zu nehmen für eine Weile / auf unseren Schreibtischen / und Fensterbänken“. Auf eine ähnliche Weise, wie Gustafsson hier Dinge aufzählt, sammelt er unter dem Titel „Ein Männerchor“ die assonanten Stimmen, die (seine eigene) Identität ausmachen: „Die Stimme, die man hat, wenn / man zu kleinen Kindern spricht / oder zu großen Hunden / ist nicht dieselbe / wie beim Friseur / oder auf dem Katheder (…) // indes die Stimme / die man hat, / wenn man / wenn man einer Frau die Brüste / streichelt oder den Bauch / eine dritte Stimme ist, / die aus einer dritten Welt kommt“. / Hermann Wallmann, FR 27.9.03

Lars Gustafsson: Auszug aus Xanadu. Gedichte. Aus dem Schwedischen von Verena Reichel und Hans Magnus Enzensberger. Carl Hanser Verlag, München 2003, 104 Seiten, 14, 90 €.

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