Dichterisches Delirium

Weniger freundlich über Kuhligk & Co. urteilt Tom de Toys alias Lord Lässig in einem furiosen Essay, aus dem ich hier ein Stück herausgebrochen habe:

Was wollen die eigentlich damit bezwecken, wem soll es nützen außer ihnen selbst und hat der Planet nicht schon lange genug an dem Koma gelitten, das ihm die Menschheit mit all ihren Ersatzdrogen verabreichte??? Nichts gegen abstrakte Hyperreflexionen und metapoetologische Bandwürmer aus Spaß an der Freude, aber wenn 500 akademische Alphapluswesen dem orwellschen Jargon des 20.Jahrhunderts verfallen, lautet mein einziges Thema für diesen Abend: WOHIN MIT EUROPA, wenn sogar Sondermüll wieder im Supermarkt landet! Nachdem Jürgen Habermas Pazifismus als anachronistisch bezeichnet und Wolfgang Schäuble gegen Antiamerikanismus wettert, spüre ich dieses mulmige Unbehagen im brodelnden Hinterkopf: mir liegen sämtliche sublimierte Floskeln wie eine zu große Tüte Süßigkeiten im leeren Magen, die Sprache der Intellektualen erzeugt bei mir eine fundamentale Aversion gegen Wörter, die nur einen Sinn haben: den Status Quo schön zu reden, so schön, daß sowohl Laien wie Leseratten in eine Eventhypnose versetzt werden, als ob jede Realität, nur weil sie real-existent ist, im selben Atemzug auch schon legitim sei – nein, dieser pseudoradikale, nämlich kommunikationslose Konstruktivismus imperialistischer Egomanie muß ein Ende finden, wenn wir ins echte 21.Jahrhundert hinüberwechseln wollen, um zu einer poetischen Vision spiritueller Weltbürgerschaft zu gelangen. Kein „Aufstand der Braven“ (Zitat: Johannes Jansen, Neuer Pop von 1984) mithilfe „Neuer Zerbrechlichkeit“ (Zitat: Björn Kuhligk, Neue Peinlichkeit Jahrgang 74 plusminus) oder „Ein bißchen Pathos haben meine Texte ja schon, aber etwas Pathos ist doch wieder erlaubt“ (Zitat: Jahrgang 66, Neue Pathetik?) steigert das fehlende Lebensgefühl geschweige denn lindert die Schmerzen alter Wunden, Europa ist nicht mehr als ein Kontinent, auf dem wir leben und Amerika ist nur ein Flugticket entfernt, für den, der es sich leisten kann. Wer aus konkreten Bezeichnungen metaphysische Begriffe macht, jongliert nicht mit echtem Leben sondern mit seiner eigenen Schizophrenie! Was wirklich im Alltag zählt, sind reale Menschen, die sich als einfache Menschen statt Darsteller von Prestigerollen begegnen, ohne Überkopf voller Definitionen und Schablonen. Aber Du, lieber Leser, was hast Du bis hier hin verstanden, kannst Du eigentlich wissen, wovon ich hier rede oder wirkt es auf Dich einfach nur durchgeknallt? Ich sage Dir: DICHTERISCHES DELIRIUM braucht die Welt, nicht dieses schöngeistige Zeug(nis) anständiger Repräsentanten.

/ 19.07.03

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