Menschen umblättern … in Klings Speicher

Thomas Klings zuletzt erschienener Band, die Essaysammlung Botenstoffe, weist bereits daraufhin, dass Kling im Austausch von Informationen einen wesentlichen Bestandteil der Poesie begreift. Hermes, der „Botenstoffe verteilt“ und dabei als „geistesgegenwärtiger Grenzüberschreiter“ gilt, spielt eine zentrale Rolle im poetischen Gelände Klings.

Am unbedingten Gebrauchswert orientiert auch die Aufmachung der von DuMont herausgebrachten Gedichtanthologie, die „200 Gedichte auf deutsch vom achten bis zum zwanzigsten Jahrhundert“ enthält und dazu anregt, das über dreihundert Seiten starke Bändchen und seinen Inhalt unkonventionell zu handhaben. Der mehr einer Schulheftfolie ähnelnde Schmutzumschlag und das handtaschenkompatible Format animieren den Leser, den Band lieber flexibel einzusetzen als ihn an repräsentativer Stelle im Bücherregal zu lagern. …

„Der du dies liest gib acht; / Denn sieh, du blätterst einen Menschen um“, schreibt Gertrud Kolmar auf Seite zweihundertdreiundfünfzig, diese Zeilen könnten ebensogut den Untertitel der Anthologie bilden. Gedichte sind noch immer und bleiben auch weiterhin Zaubersprüche, sie sind Sprachmagie von beschwörender Kraft, einzigartige Zeugnisse, von welchen Zeitepochen auch immer eingefärbt. Das zumindest wird in Thomas Klings Auswahl deutlich, und mehr kann eine Anthologie, bei allem für und wider, eigentlich nicht erreichen. / Cornelia Jentzsch, FR 25.6.02

Thomas Kling (Hrsg.): Sprachspeicher. 200 Gedichte auf deutsch vom achten bis zum zwanzigsten Jahrhundert. DuMont Literaturverlag, Köln 2001, 364 Seiten, 14,80.

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