Das 1920 erschienene Buch «Champs magnétiques» (dt. «Magnetfelder», 1981, eine Mischung aus Prosatexten, Aphorismen und Lyrik) läutet die neue Bewegung ein und wird von Aragon enthusiastisch gefeiert. «So tauchte dieses unvergleichliche Buch am Morgen des Jahrhunderts auf, in dem die ganze Geschichte der Schreibweisen umgewälzt wird … das Buch, womit alles beginnt.» In diesem Sinne setzt die Ausstellung im Centre Pompidou mit Werken von de Chirico und der Originalausgabe der «Champs magnétiques» von André Breton und Philippe Soupault ein und bildet bis zum letzten Saal, dem Saal der nach Amerika emigrierten Künstler, einen chronologischen Parcours von Dialog und poetischem Spiel. / Landbote 1.6.02
Vom 31.5. – 11.6.02 24 Stunden Radio aus Greifswald (vom Internationalen Studentenfestival GrIStuF)
Im Raum Greifswald auf UKW 98,1 MHz
Oder als Livestream auf: http://www.kunstcontainer.de/
Jede Nacht ab 23 Uhr Wortsendungen mit diesen Themen:
31.05. O – Ton Pathos- Rex Joswig
01.06. Beat. Eine jazz – unterfütterte Odyssee durch die amerikanischen 20er – 50er Jahre feat. Allen Ginsberg, William S. Burroughs, Jack Kerouac, Neal Cassady
02.06. Weltende. Gegen den „fauligen gereimten Geist Deutschlands“ – expressionistische Dichtung
03.06. „Ach, wenn es mich doch gruselte!“. Grauenhaften, Grausames und Grässliches aus dem Albtraumland
04.06. Russischer Futurismus – Eine Ohrfeige dem öffentlichen Geschmack. Zu Velimir Chlebnikow, Wladimir Majakowski und anderen Wortschöpfern der russischen Avantgarde.
05.06. Abriss und Zerfall. Der DDR – Underground der 80er Jahre in Greifswald
06.06. ‚Junky‘ special (Burroughs)
07.06. Je t’aime. Versautes und Verdorbenes
08.06. „Männer kommen vom Jupiter – Frauen auch“. Hörspiel – Eine Eigenproduktion
09.06. Pop `n` Poetry. Zum Wechselverhältnis von songs & lyrics quer durch die Rock – u. Popgeschichte
10.06. Wiecker Bote. Geschichte und Geschichten einer Greifswalder Literaturzeitschrift von den expressionistischen Anfängen bis zur Gegenwart
11.06. Muspilli Spezial. Ein Weltuntergangstext von Bert Papenfuß in musikalischen Versionen von Tarwater, Muchtmaschine, Rex Joswig und Underwater Agents.
Hölderlin liebte in Kassel Susette Gontard – Gottfried Benn goss Astrid Claes Tee ein
Die Redewendung „Ab nach Kassel!“ galt bislang nicht als Chiffre für ein geheimes Stelldichein. Man wird in dieser Hinsicht vielleicht umdenken müssen. Schuld daran sind die diskreten Amouren zweier Dichter. Beide stammten aus protestantischen Pfarrhäusern. Der eine konnte nichts vom andern wissen, der andere mochte vom einen partout nicht viel halten. Denn unter den Dingen, die der späte Gottfried Benn für „schlimm“ erklärte, gehört – nächst der peinigenden Vorstellung, „bei Hitze ein Bier (zu) sehn, das man nicht bezahlen kann“ – auch die Not, „einen neuen Gedanken (zu) haben, den man nicht in einen Hölderlinvers einwickeln kann, wie es die Professoren tun“. Was man als Spitze gegen Professoren, aber auch als Unfreundlichkeit gegenüber Hölderlin auffassen muss. / Mehr in der FR vom 1.6.02
„Mein Wald, mein Leben“
Leben und Werk der Dichterin Emerenz Meier
A: Katrin Fritsch
DLF 2002
SWR-Bestenliste Juni 2002
Persönliche Empfehlung von Hubert Winkels
MARCEL BEYER: Erdkunde
Gedichte. DuMont Verlag, 16,90 Euro
Paul Jandl schreibt über eine Herbeck-Ausstellung in Krems:
Jahrzehnte hat Ernst Herbeck in den Fürsorglichkeiten der niederösterreichischen Psychiatrie verbracht, er war ein stiller Patient, dessen Leistung als Dichter von seinen Förderern dennoch nicht verschwiegen wurde. Mehrere Sammelbände sind schon zu Lebzeiten Ernst Herbecks erschienen, die Kunsthalle Krems widmet ihm jetzt eine Ausstellung und erinnert damit an einen Schriftsteller, der mit der ergreifenden Lakonie seiner Bilder aus dem Leiden des Lebens gänzlich unpathetische Literatur gemacht hat. Der Patient ein Dichter: «Je grösser das Leid / desto grösser der Dichter / Umso härter die Arbeit / Umso tiefer der Sinn.» / NZZ 30.5.02
Bis 18. August. Als Katalog erschienen: Ernst Herbeck. Die Vergangenheit ist klar vorbei. Herausgegeben von Leo Navratil und Carl Aigner. Verlag Christian Brandstetter, Wien 2002. 256 S., Fr. 51.-.
Denn, so Dyck: „Lyriker haben in lateinamerikanischen Ländern eine andere Herangehensweise, sie verstehen sich eher als Performer, sind nicht akademisch und wollen verstanden werden.“ Vergangenes Jahr erst waren Behl und Dyck auf Gegenbesuch in Indonesien und haben dort erlebt, wie Lyriker vor bis zu 5.000 Besuchern gelesen haben und wie Stars gefeiert wurden. / taz Bremen 29.5.02
(In Lateinamerika?)
„Poetry on the rooad“ startet am Mittwoch, 29.5.02 um 20 Uhr im PFL-Oldenburg. Die Bremer Termine: Freitag, 31.5.02 um 20 Uhr im Theater am Goetheplatz (Karten Tel.: 36 53 333), Samstag, 1.6.02, um 11 Uhr im Schütting (nur Günter Kunert, Karten Tel.: 7 85 28), um 20 Uhr im Theater am Leibnizplatz (Karten Tel.: 32 71 73), Sonntag, 2.6.02 um 11 Uhr in der Oberen Rathaushalle (Karten Tel.: 7 85 28). Weitere Infos: http://www.poetry-on-the-road.com
dpa Prag – Drei Jahre nach dem Tod des Autors Jürgen Fuchs hat der tschechische Rockmusiker Mikolas Chadima eine CD mit Texten des 1977 von den DDR-Behörden nach West-Berlin abgeschobenen Schriftstellers veröffentlicht. Das Album sei nach dem 1979 veröffentlichen Buch «Tagesnotizen» benannt und vereinige die gesellschaftskritischsten Werke des Autors, berichten Prager Zeitungen. Der 1950 geborene Fuchs wurde in der DDR aus politischen Gründen verhaftet und aus der Haft in die BRD abgeschoben. 1999 starb er an Leukämie. Mai 2002
Über die Pariser Hugo-Feiern schreibt die FAZ am 29.5.02:
Zum Jubiläum des hundertsten Geburtstags des Dichters wurde auf der Höhe der Dritten Republik 1902 auf der Pariser Place Victor Hugo jene monumentale Bronzestatue aufgestellt, die, von den vier Musen „Lyrik“, „Dramatik“, „Epik“ und „Satire“ umschwärmt, in zehn Meter Höhe auf ihrem Granitsockel thronte, bevor sie auf Initiative der deutschen Besatzungsmacht 1941 abmontiert und eingeschmolzen wurde.
Die New York Times meldet am 28.5.02, daß der rumänische Dichter Stefan Augustin Doinas im Alter von 80 Jahren verstorben ist.
Mr. Doinas produced 23 books of poetry as well as children’s books, essay collections and a novel during a career that spanned decades. His first poetry collection, „The Book of Tides,“ was published in 1964. He also translated works by Goethe, Shakespeare and many others.
Born in 1922 as Stefan Popa, Mr. Doinas first studied medicine at the University of Sibiu but moved on to philosophy and literature at the University of Cluj, graduating with a bachelor’s degree in 1947.
While teaching in a village school, he published poems in literary magazines. In 1956 he was arrested and sentenced to a year in prison by Romania’s Communist leadership. He was later rehabilitated.
Elsewhere, the figure of Stefan George inspires a less Shakespearean rhetoric:
Contempt is in order: one
would give much
to see those Frankish
rites nobly concluded.
Almost, for Childe Stauffenberg,
it fell so;
but this was tragedy
botched, unimagined,
within that circle.
Medallion-profile
of hauteur,
Caesarian abstinence!
„Childe Stauffenberg“ is Hill’s arch name for the aristocratic German officer, a disciple of George , who tried to assassinate Hitler in 1944. „De Jure Belli ac Pacis,“ another sequence in the book, praises another of the so-called Kreisau conspirators, Hans-Bernd von Haeften. / Adam Kirsch über den Dichter Geoffrey Hill, The New Republic 27.5.02
Schwer tun wird man sich vielleicht zunächst mit Holzbergs Beharren auf dem durchgehend ironischen Ton und der durchwegs komischen Intention des Autors. Dies besonders in Gedichten, die gemeinhin als Ausdruck echten Gefühls gelesen werden, etwa in der Allius-Elegie (c. 68) oder im Selbstgespräch des 76. Gedichts, das der Latinist Wilhelm Kroll als «von tiefster Empfindung getragen» charakterisierte.
Mit dem von Gian Biagio Conte geprägten Begriff des «verborgenen Autors» versteht Holzberg das poetische Ich der Catull’schen Gedichte als Figur, die vor allem auf Grund ihres permanenten Versagens im erotischen Bereich komisch konnotiert ist. Die Lektüre des von Catull als «zierliches neues Büchlein» (lepidum novum libellum) bezeichneten Corpus, so Holzbergs Folgerung, sei für Zeitgenossen in erster Linie witzig und unterhaltsam gewesen, obschon sie für dessen tieferes Verständnis über einen hohen Grad literarischer Bildung verfügen mussten. …
Man wird sich Niklas Holzbergs Wunsch anschliessen, der spätrepublikanische Veroneser möge im Kanon der Weltliteratur gleichrangig neben Petrarca, Goethe oder Baudelaire stehen. Dazu aber muss er nicht nur gelobt, sondern auch gelesen werden . / NZZ 25.5.02
Niklas Holzberg: Catull. Der Dichter und sein erotisches Werk. Verlag C. H. Beck, München 2002. 228 S., Fr. 43.50.
Ich kann mich nicht erinnern, nur irgendeine Zeile forciert zu haben nur um eines derb-obszönen Effekts willen. Dazu habe ich erstens viel zu viel Respekt vor Catull, und das erschiene mir zweitens als viel zu grob. Es ist aber Faktum, dass Catull ein Dichter war, dessen Temperament legendär war, ein großer Choleriker. Seine Gedichte waren ja letztlich für ein Symposium geschrieben, für eine Art Herrenrunde, wie ja auch die frühen griechischen Gedichte, etwa die von Archilochos, einem der obszönsten griechischen Dichter der Antike. Einer der Effekte, mit denen Catull spielt, ist diese Art von Provokation, die zwischen Herrenwitz und Aggressionsabbau changiert. Ich versuche, eine Art von Kongenialität herzustellen. Dabei besitze ich nicht die Prüderie mancher Catull-Übersetzer, aber mir geht es auch nicht um die Provokation als schrillem Effekt. Die Krassheiten, die man mir heute anlastet, sind die Krassheiten Catulls. / Raoul Schrott im Gespräch mit Michael Braun, FR 25.5.02 – um Gilgamesh und Texttreue bei Übertragungen.
Über sein mehr als 1100 Jahre altes „Evangelienbuch“ schreibt die FR Erstaunliches:
Der Erzengel Gabriel wird von Gott zur Jungfrau Maria geschickt, und zwar nicht so schlicht und prosaisch, wie im Lukas-Evangelium („missus est Gabriel angelus“), sondern mit allen erzählerischen Registern. Der Engel fliegt „auf dem Sonnenpfad, auf der Sternenstraße, auf den Wolkenwegen zu der erhabenen Herrin“. (Das hört sich auf Althochdeutsch so an: „Fluog er sunnun pad, sterrono straza, wega wolkono zi theru itis frono.“) Als der Engel eintritt, ist Maria gerade damit beschäftigt, im Psalter zu lesen, auf dem Schoß hat sie eine Handarbeit abgelegt: Für die Lektüre hat sie das Weben an „schönen Stoffen aus teurem Garn (diurero garno)“ unterbrochen. Beide Details stehen nicht bei Lukas, wohl aber in den Apokryphen, den nicht kanonisierten Evangelien. Und nirgendwo, wohl aber bei Otfrid steht, dass Maria trauert („drurenta“), dass sie sich im Zustand einer höheren Melancholie befindet, als der Engel eintritt und sie anspricht.
FR 25.5.02
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