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Veröffentlicht am 25. Juni 2024 von lyrikzeitung
Silke Peters
(Stralsund)
Frauentag
Schreiben, verändert die Wahrnehmung, ist eine heftige Trance. Bilder
verschmelzen bei über eintausend Grad im Lagerfeuer. Meine Gedanken
brennen, meine Gefäße sind aus Lehm. Ich klaube ihn unter der Wurzel
eines im Winter umgestürzten Baumes am Strand hervor. Stampfe die Klumpen
mit den nackten Füßen zu Brei.
Wem gehört der Fingerabdruck auf der Venus von Dolni Vestonice. Lössstaub
und Knochenmehl sind auf lange gebunden. Die Venus ist weggeschlossen
im Tresor einer Aufbewahrungsanstalt in Brünn. Für immer. Steinzeit. Ich koche
in einem Tontopf über dem wintermüden Feuer die Wurzeln aus und brate
die Austernpilze am Spieß.
Der Lehm wartet unter einem feuchten Tuch. Ich werfe
die geformten Perlen ins Feuer. Sie bedecken meine Stirn, schwanken,
rascheln, klingeln über meinem halluzinierenden Blick.
Ringe Jahresringe Saturnringe zähle ich
an den noch hastig im Februar gefällten
Bäumen überall im Stadtgebiet. Gefallene Riesen. Sie schauten aufs Meer.
Aus: Silke Peters: graben. Texte und Bilder Silke Peters. Stralsund 2024, S. 3
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Silke Peters
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