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Veröffentlicht am 17. Oktober 2015 von lyrikzeitung
Ich war damals eingeladen, in einem Schloss bei Wien aus einem meiner Bücher zu lesen, doch passte der Auftrieb so gar nicht zu mir: Im Hof stand ein Schützenkorps bereit, das die Tradition der k.u.k. Armee pflegt. Es zeigte sich, dass ein mit Viktor Orbán befreundeter Dichter einen Preis bekam und dass der rechtsnationale Ausnahmepolitiker eigens aus Ungarn anreiste. Es wurde die erste Lesung meines Lebens, die mit Salutschüssen der Deutschmeister begann.
Der Preisträger Géza Szöcs gab mir eines seiner Bücher mit, ein poetisches Manifest. Der wahrhaft raumgreifende Dichterfürst rief darin zur Gründung eines Freistaats der Dichter und Denker in Kaliningrad auf, im ehemaligen Königsberg, einer zwischen Ostsee, Polen und Litauen eingezwängten Exklave der Russischen Föderation. Als Orbán 2010 an die Macht zurückkehrte, wurde Szöcs ungarischer Kulturminister, 2011 auch Ratspräsident der Kulturminister der EU.
(…)
»Kalinin war nie in Kaliningrad«, beginnt das Manifest, und Szöcs war auch nie dort. / Martin Leidenfrost, Neues Deutschland 17.10.
Kategorie: Ungarisch, UngarnSchlagworte: Géza Szöcs, Kaliningrad, Martin Leidenfrost
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