49. Rincks Ding- und Tierleben

Ansonsten kreisen Rincks Zeilen häufig um Tier und Fleisch, um Tierliebe und Fleischeslust, auch die an solchem, das keine Eltern hat, Fruchtfleisch von Quitten zum Beispiel. Nun ja, diese Art literarischer Lust hat Tradition, es ist die Hoffnung auf das Wort gewordene Fleisch und das Fleisch werdende Wort, eine Art profaner Transsubstantion. Aber Rinck gewinnt ihr originelle Seiten ab: „Sich einen Teller Tatar zu teilen im Zustand der Willenlosigkeit“ – das mag für Vegetarier die Höchststrafe darstellen, ansonsten aber hält der Text, was der Titel verspricht.

Und das gilt für die ganze „Helle Verwirrung“, die gern einen poetischen Drahtseilakt ohne Netz und doppelten Boden vollführt, allerdings nur zirka zehn Zentimeter über der Erde. Für mehr scheint sie zu reflektiert. Ab und an ein semi-artistisches Enjambement, hin und wieder ein aparter Binnenreim: „die wohnungsbrand, aye, aye, verzehrt / mich nicht, die hose runter, wehrt sich nicht, wieso?“

Zurückgefragt: Wer spricht da eigentlich? Eher selten das klassische lyrische Ich. Das fand sich schon in ihren früheren Gedichtbänden kaum. Rinck, 1969 in Zweibrücken geboren, verdichtet und verschränkt stattdessen häufig Sprechakte, Sätze, die man überall und nirgends hören kann. Daraus entstehen Textgebilde, Hybridformen, Rollenprosagedichte: „herrje, da kippen wir jetzt einen würzling drüber.“ Geht doch, oder? / Thomas Wegmann, Tagesspiegel 19.7.

Monika Rinck: Helle Verwirrung. Rincks Ding- und Tierleben. Gedichte, Texte und Zeichnungen. kookbooks, Idstein 2009. 200 Seiten,
2 Buchblöcke im Schuber, 24,90 €.

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