Musikgeschichte in Todesarten

Chris Bezzel

Spiel mir das Lied vom Tod

monteverdi schlummerte nach neuntägigem krankenlager im spätherbst 1643 in das reich jenseitiger harmonien hinüber.

an seinem sterbetag machte henry purcell sein testament.

als der fünfundzwanzigjährige pergolesi abgeschieden war, wurde er in der kathedrale pozzuoli beigesetzt.

vivaldi ist in wien völlig verarmt als 66jähriger heimgegangen.

bach schloß die augen, die schon bei sehenden zeiten so viel überirdisches geschaut hatten.

händel legte sich still zum sterben.

schließlich tat der einundachtzigjährige rameau seinen feinden den gefallen, mit tod abzugehen.

der tod hielt das herz des zweiundsiebzigjährigen scarlatti an.

im 87. jahr schwand der rastlose telemann dahin.

als christoph willibald gluck ein ihm verbotenes glas weinbrand hinuntergestürzt hatte, trug ihn kurz darauf ein zweiter schlaganfall sanft hinweg

carl philipp emanuel bach ging vierunsiebzigjährig dahin.

an einem wintermorgen hauchte mozart seine seele aus.

karl ditters von dittersdorf wurde siebzigjährig von seinem leiden erlöst.

beethovens ende erfüllte sich unter blitz und donner eines schweren gewitters.

schubert mußte 1828 dahin.

mendelssohn-bartholdy zählte erst 38 jahre, als der tod ihn, seinen zahllosen verehrern völlig unerwartet, aus reichem schaffen und wirken abberief.

chópin starb in den armen seines schülers gutmann.

der kranke robert schumann begriff allmählich das hoffnungslose seines zustands, verweigerte die nahrungsaufnahme und starb so, 46 jahre alt, an entkräftung.

rossini schloß sechsundsiebzigjährig die augen.

richard wagner erlag im venezianischen palast vendramin seinem herzleiden.

franz liszt hat in wahnfried seine augen für immer geschlossen.

verdi ging mit 88 jahren bei voller klarheit heim.

der 23. märz 1918 wurde debussys todestag.

nach vier jahren zunehmenden verfalls legte sich der seit je wortkarge ravel auf den operationstisch. er sollte nicht mehr zu bewußtsein kommen.

17 takte vor schluß des dritten klavierkonzerts entsank bartók die feder.

dann kam, nachdem der zweiundsiebzigjährige schönberg 1946 schon einmal fast gestorben und zuletzt beinah erblindet war, der tod.

quelle: hans joachim moser: musikgeschichte in hundert lebensbildern. klagenfurt 1958

Aus: Chris Bezzel: isolde und tristan. Hrsg. von Florian Neuner und Christian Steinbacher. Berlin, Hannover, Linz und Solothurn: Roughbooks, 2012 (Roughbook 22), S. 65-67

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