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Veröffentlicht am 26. Januar 2024 von lyrikzeitung
Charles Simic
(* 9. Mai 1938 in Belgrad, Königreich Jugoslawien; † 9. Januar 2023 in Dover, New Hampshire)
Postkarte aus S.
Bisher habe ich hier zwei Homere und einen Vergil getroffen.
Die Stadt ist wie eine lebende Anthologie antiker Literatur.
Fast jeden Nachmittag Donner und Blitz.
Wenn Nachbarn sich treffen, schlagen sie die Mücken
Auf der Stirn des andern tot und gehen weiter, mit rotem Gesicht.
Ich liege in einer Hängematte bei einem brennenden Stall
Und beobachte eine Birke im Hof.
In der einen Minute kämpft sie mit Wind und Rauch,
In der nächsten hebt sie die Fäuste zum Fluch auf die Götter.
Das macht sie natürlich zu einem Trojaner
Für die Griechen, die auf einem Feuerwehrauto anrücken.
Aus: Charles Simic: MEIN LAUTLOSES GEFOLGE. Gedichte. Aus dem Amerikanischen von Wiebke Meier. München: Lyrik Kabinett, 2006, S. 82
Kategorie: Englisch, USASchlagworte: Charles Simic, Wiebke Meier
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Postcard from S.
So far I met here two Homers and one Virgil.
It’s like a living anthology of classic literature,
Thunder and lightning almost every afternoon.
When neighbors meet, they slap mosquitoes
On each other’s foreheads and go off red in the face.
I’m lying in a hammock next to a burning barn
Watching a birch tree in the yard.
One minute it wrestles with the wind and smoke,
The next it raises its fists to curse the gods.
That, of course, makes it a Trojan
To the Greeks just arriving on a fire engine.
Q.: https://agnionline.bu.edu/poetry/postcard-from-s/
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