85. Yahya Hassan

Kritisch Kristoffer Cornils:

Yahya Hassan ist ein mustergültiges Beispiel für Selbstinszenierung, voller Kanak Sprak, Slang und gestischem Zynismus. Hassan transportiert gekonnt eine Haltung. »BISTU INTEGRIERT« heißt es zwischendurch – eine Frage, die ihre Antwort bereits vorwegnimmt. Nein, Hassan ist nicht integriert. »AM TELEFON NENNT IHR MICH ABWECHSELND BRUDER UND DÄNE« – er steht zwischen den Stühlen.

Und eigentlich, das stellt sich gegen Ende heraus, fühlt er sich auch ganz wohl damit. Er tut dümmer, als er ist – »ICH BIN EIN KANAKE / ICH VERSTEHE NICHT DÄNISCHE SPRACHE« – und wird deswegen unterschätzt. Nicht im Ghetto, sondern von »INTELLEKTUELLEN«. Die zeigen sich begeistert von ihm und nennen reihenweise die falschen Gründe dafür, um die eigentlichen zu verschleiern. Er stellt Gewalt dar und das Feuilleton verwechselt das Dargestellte mit der Darstellung, lobt ihn für Sprachgewalt. Dabei geht es mehr darum, aus seinen Texten Argumente zu ziehen und seine Biografie als Exempel zu betrachten. Hassan versteht es, den ihm entgegenschlagenden Vorurteilen – positive wie negative – zu entgegnen, allen etwas an die Hand zu geben.

(…)

Lässt sich Hassan Kalkül vorwerfen, so gilt das für den Verlag umso mehr. Was Ullstein zu verkaufen versucht, sind keine Texte. Sonst ließen sich wohl auch nicht dermaßen viele Druckfehler finden, sonst hätte sich der Verlag vielleicht mehr Mühe gegeben, die Zeilenumbrüche der ausschließlich in Majuskeln geschriebenen Gedichte in eine gut lesbare Form, die der Ordnung des Originals treu bleibt, zu bringen. Weder in die Aufmachung des Buchs noch in seine Präsentation wird viel Mühe gesteckt – die Kontroverse allein ist der Erfolgsgarant. / Fixpoetry

Yahya Hassan
YAHYA HASSAN
Gedichte
Aus dem Dänischen übersetzt von Michel Schleh
Ullstein
2014 · 176 Seiten · 16,00 Euro
ISBN: 13 9783550080838

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