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Veröffentlicht am 31. Juli 2012 von lyrikzeitung
Wäre der Mensch das perfekte Instrument zum Dechiffrieren eines Palimpsests, dann würde er vor der Seite sitzen, den Text mit dem Finger abfahren, ihn mit den Lippen Wort für Wort nachbilden und seine Struktur als Hypertext in alle Verkettungen nachvollziehen. So zumindest wurde es in mittelalterlichen Skriptorien gelehrt, wobei es einen Unterschied macht, ob man – wie es die Mönche glaubten – den Text in Abhängigkeit von der Heilsgeschichte liest, als Metatext mit einem deutlich abgesteckten Rahmen – Tradition 1 – oder vor einem diffus sich in alle Richtungen ausbreitenden Raum, wie ihn ein zweiter Begriff von Tradition bietet.
Norbert Lange: Quellenkunde – Palimpsest und Persönlichkeit. In: Norbert Lange, Das Geschriebene mit der Schreibhand. Aufsätze. Leipzig: Reinecke & Voß 2010, S. 27.
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Norbert Lange, Palimpsest
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