Ich, Poet der Dekadenz

Manuel Machado

(* 29. August 1874, heute vor 150 Jahren, in Sevilla; † 19. Januar 1947 in Madrid)

Ich, Poet der Dekadenz, 
Spanier aus dem 20. Jahrhundert,
der ich den Stierkampf hab bewundert
und auch besungen
die Dirnen und den Schnaps ...
und die Nacht in Madrid,
und die wüsten Spelunken,
und die Laster, die dunklen,
dieser Enkel des Cid ...,
ich darf genug nun haben
von solchem Lotterleben
und trink, der Übel wegen,
nicht mehr so viel wie alle sagen.

Denn es entspricht,
was ich erdichtet als Poet,
der Inschrift länger nicht,
die tief in meiner Seele steht ...

Ein Gemeinplatz: »stehn«.
»Seele«, als Wort verschlissen.
»Meine«... Kann man das wissen?
Alles ist je nachdem.

Deutsch von Gustav Siebenmann, aus: Spanische Lyrik des 20. Jahrhunderts. Spanisch/Deutsch. Ausgewählt, kommentiert und herausgegeben von Gustav Siebenmann und José Manuel López. Stuttgart: Reclam, 1985, S. 200. Auch in dass., 5., überarb. u. erw. Aufl., 2003, S. 97/99

Yo, poeta decadente, 
español del siglo veinte,
que los toros he elogiado,
y cantado
las golfas y el aguardiente...
y la noche de Madrid,
y los rincones impuros,
y los vicios más oscuros
de estos biznietos del Cid...,
de tanta canallería
harto estar un poco debo,
ya estoy malo, y ya no bebo
lo que han dicho que bebía.

Porque ya
una cosa es la Poesía
y otra cosa lo que está
grabado en el alma mía ...

Grabado, lugar común.
Alma, palabra gastada.
Mía... No sabemos nada.
Todo es conforme y según.

El mal poema, 1909

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