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Veröffentlicht am 20. November 2024 von lyrikzeitung
Kerstin Hensel
(* 1961 in Karl-Marx-Stadt, lebt in Berlin)
Hausmärchen
Und wies zur Welt kam war's ein Mädchen
Und hatte keine Glückshaut um
Und ihre Rabenbrüder flogen auf und davon
Und da ist's in den Brunnen gefallen
Und da war in der Tiefe ein Feld
Und die Roggenmuhme und ihr Gesindel
Zählten Blei aus den Ähren
Und das Mädchen verdingte sich kehrte
Den Dreck vor die Tür
Frommfleißig die wahre Braut
Und der den es liebte band's an ein Seil
Schlug die Hände ihm ab vernähte die Lippen und gab ihm
Heu zu essen
Und wie's sich zum Sterben anschickte lebte es
Auf und wenn nicht dann heute noch
Tragen es seine Träume
Weit weit bis ans Ende der Welt
Aus: Kerstin Hensel: Cinderella räumt auf. Gedichte. München: Luchterhand, 2021, S. 31
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Kerstin Hensel
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