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Veröffentlicht am 28. Oktober 2014 von lyrikzeitung
August 1914, der Erste Weltkrieg beginnt. Die Kriegsbegeisterung ist in vielen Teilen Europas groß. Ganze Schulklassen melden sich freiwillig an die Front, Theologen geben dem Krieg eine religiöse Weihe und nicht nur der Schriftsteller Thomas Mann sieht in ihm eine „Reinigung“, einen Ausstieg aus der „satten Friedenswelt“. Und wie stand der Binger Dichter Stefan George zum Krieg?
(…) Doch während viele seiner jungen Anhänger sich vom „Hurrah“-Patriotismus anstecken ließen, schwieg er zunächst. Erst 1917 veröffentlichte er ein langes einzelnes Gedicht: „Der Krieg“. Dieses Gedicht, so mutmaßte der Berliner Literaturhistoriker Prof. Peter Sprengel, musste für die immer noch kriegsbegeisterte Jugend erschütternd sein. Denn George erteilt jeder Hoffnung eine Absage: „Zu jubeln ziemt nicht: kein triumf wird sein“, dichtet er. Zugleich findet er – darauf wies der Heidelberger Literaturwissenschaftler Prof. Helmuth Kiesel in seinem Abendvortrag hin – Formulierungen, die so eindrücklich und präzise sind, wie in kaum einem anderen Werk über den Krieg. Soldaten hausen in „schandbar zerwühlter Erde wie Geziefer“, sinken nach einem Granateinschlag nieder als „brei und klumpen“. Es ist eine Apokalypse von fast biblischen Ausmaß („Erkrankte Welten fiebern sich zu ende“), doch auf das Leid folgt keine Erlösung, das Opfer ist sinnlos. / Caroline Jerchel, Allgemeine Zeitung
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: 1. Weltkrieg, Caroline Jerchel, Helmuth Kiesel, Peter Sprengel, Stefan George
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