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Veröffentlicht am 2. Juli 2014 von lyrikzeitung
Es ist nicht sein erster Gedichtband, sondern sein fünfter. Aber «Gestalt des letzten Ufers» war der erste Band, nachdem der verlorene Sohn Michel Houellebecq vom irischen Exil ins französische Vaterland zurückgekehrt war. Also feierte die französische Presse ihn als einen Geläuterten. «Negation der Negation» fasste die Zeitung «Le Monde» die neuen Gedichte zusammen, die «Libération» entlockte dem Misanthropen, der die zeitgenössische Lyrik «kläglich» findet, eine Begeisterungsrede über die Poesie des 19. Jahrhunderts.
Nun haben es die poetischen Bekenntnisse eines Unzeitgemässen auch wieder auf den deutschsprachigen Markt geschafft. Aber die renommierten Übersetzer scheinen die Sache wenig ernst zu nehmen und geben sich mit manch unhaltbarer Sinngemässheit zufrieden. Prinzipiell verweigern sie zudem eine Nachbildung von Versmass sowie kreuz- oder paarweisem Reim. Sogar dort, wo englischsprachige Einsprengsel das Original zieren und sich «sex-friend» auf «the end» reimt, wird im Deutschen, um des konsequenten Nichtreims willen, aus «friend» eine «Freundin».
Wer sich die Banalität vieler Verse erklären will, sollte den Gedichtband deshalb unbedingt auf Französisch lesen. / Astrid Kaminski, Auszug aus Basler Zeitung
Michel Houellebecq: Configuration du dernier rivage – Gestalt des letzten Ufers. Gedichte. Französisch – Deutsch. Übersetzt von Stephan Kleiner und Hinrich Schmidt-Henkel. Dumont, Köln 2014. 173 S., ca. 26 Fr.
Kategorie: Frankreich, FranzösischSchlagworte: Astrid Kaminski, Michel Houellebecq
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