9. UTE UFERLOS

Warum diese alten sehnsuchtsgetränkten Gedichte auskramen… Kein geringerer als mein geschätzter Dichterkollege HEL ToussainT behauptet schon lange allen Ernstes, ich sei eher ein MYSTIKER als ein LYRIKER – ein veralteter Unterschied, den meine Poetologie der „Direkten Dichtung“ natürlich ad absurdum führt (und den vermutlich kein mystischer Dichter jemals selbst machte!). …

Aber zurück zu den wichtigen Dingen des Lebens: die SEHNSUCHT ritt mich wirklich inbrünstig und tief, bevor ich mein erstes „echtes“ (erfülltes) Liebesgedicht (gemäß der daraus hervorgegangenen E.S.-Forschung) niederschrieb. Und da fast jeder (junge oder steinalte, oder auch beides in einem) Mensch diesen allgemeinen „Lebenshunger“ nur allzu gut kennt, erfüllen die folgenden Texte vielleicht HEUTZUTAGE einen unvorhersehbaren Sinn, der in den 90ern nämlich noch gar nicht existieren konnte: dem heimlichen Sucher in seelischer Seenot im INTIMEN INTERNET Mut zu machen, daß er/sie NICHT der einzige einsame Mensch auf der Welt ist und „sogar solche“ vermeintlich „öffentlichen Menschen“ ganz stinkparanormale Verbündete in psychiatrisch grenzwertigen Zuständen sind… In diesem Sinne wünsche ich dem geneigten Leser GUTE UNTERHALTUNG bei der nicht-geleckten Lektüre dieser gradlinigen und dabei abgrundtief gratlinigen Lyrik, wie ich sie niemals mehr schreiben werde. Die Sehnsucht wandelt sich, auch der Stil (oder? oder klingen meine aktuellen Gedichte so ähnlich? was sagen die GerNmanisten*?) – andererseits fühle ich mich persönlich dank des mehrwöchigen Klinikaufenthaltes ausgerechnet diesen „peinlichen“ Frühwerken irgendwie fast verbundener als den aalglatten Lochgebeten (die kosmische Schmiere ist schuld!!!), denn ich erkenne in ihnen meine LEIDENSCHAFT (also die Fähigkeit, esoterisch-empirisch-ekstatisch zu leiden) als 1 LEGITIME Motivation zum Dichten viel purer, pathetischer und damit hautnäher & herznäher! Ich sage HERZNÄHER, weil ich so gerne im „GROßEN“ GEIST bade, der die „unendliche Leere“ besingt (die zweite Motivation!) und dabei sein eigenes Herz überspringt…

Lieber Hel, lieber Kai, hier sind sie nun, meine Herzschmerzgedichte – entscheidet erneut, ob ihr das einmal gefällte Urteil über mich revidieren heißt jetzt korrigieren heißt jetzt ausjustieren heißt EIGENTLICH illegalisieren müßt! Ich sage ALAAF! HELAU! UND HELAAF!!! HOCH LEBE DIE DICHTUNG – GANZ GLEICH WELCHER SORTE!!!

De Toys – Berlin-Neukölle, den 1. scherzfreien April 2011

*) nisten mager, Anm. Lyrikzeitung

4 Comments on “9. UTE UFERLOS

  1. http://poemie.jimdo.com/presse/portrait-1989-2011-jede-sekunde-ist-kunstbar/

    die karten sind neu gemischt – die implosion des urknalls bei seiner selbstbetrachtung: aus dem uferlosen wurde das strandlose, aus dem strom der leere ozean… JEDE SEKUNDE IST KUNSTBAR!

    Tom de Toys, 8.5.2011, 71.E.S.

    PAUSENLOSE

    mit dir fühlt sich
    die wirklichkeit so wirklich an
    als sei die leere nur ein hirngespinst
    der zweifel an den sinnen endet
    auf der oberfläche deiner seele
    deine augen leuchten
    deine lippen wärmen
    deine stimme dringt direkt ins herz
    die liebe liebt
    die sonne wandert
    kein gedanke wird verschwendet
    wir vertrauen ineinander
    mehr als der vergangenheit
    das lachen unserer entspannten leiber
    hält uns
    mitten auf der straße wach

    (c) ORIGINALQUELLE:
    http://poemie.jimdo.com/fotos-bilder/more-cologne-2011/

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  2. ich habs zuerst vmtl. gelesen in „das wasserzeichen der poesie“, die anthologie erschien 1985 und 2 jahre später in einer lizenzausgabe im ostberliner verlag volk und welt (mein damaliger lieferant). dort die quellenangabe: schreibmaschinenpoesie. hrsg. wolfhart eilers. münchen: relief 1977, s. 71

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  3. danke für den „N“-hinweis auf Kurt Mautz 🙂 weißt du zufällig, von wann sein text stammt? wäre ja witzig, wenn wir das wortspiel zeitgleich „erfunden“ hätten! bei mir stammts ursprünglich von Sebastian Nutzlos 1998 im vorwort des ehemaligen G&GN-archivs bei wulle, wo er über „ekstatische gerNmanisten“ schwafelt… ÜBRIGENS: inzwischen sind die uferlos-poeme mit herbstlaub garniert, das allerdings nicht ganz so alt ist wie die texte selbst 🙂

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