112. Meine Anthologie 38: Charles Cros, Lied der Maler

Lied der Maler

Johannisbeerfarbene Töne:
Man schafft das unvergleichlich schöne
Wunder der Lippen nur durch jene.

Das Ockergelb, das Braun, das Rot,
Das sich Parfümen gleich darbot,
Färbt wie Landstriche, welche tot.

Strahlt auf der Leinwand das moderne
Und helle Bleiweiß als Laterne,
Hält’s Nacht und trübe Öde ferne.

Zinnober, Kobalt, Ultrameer
Und Kadmium, Millionen schwer,
Uber euch wundern wir uns sehr.

Indem sie auf die Leinwand kamen,
Entstanden unverhüllte Damen,
Sonne und Sterne in dem Rahmen.

Man kriegt nur eine Kleinigkeit;
In dieser wechselhaften Zeit
Sind Käufer nicht eben gescheit.

Was soll es! Tau wird einen nähren,
Kann man dich irisiert aufstören,
Schöne Natur, die du in Ehren!

Chanson des peintres

Laques aux teintes de groseilles
Avec vous on fait des merveilles,
On fait des lèvres sans pareilles.

Ocres jaunes, rouges et bruns
Vous avez comme les parfums
Et les tons des pays défunts.

Toi, blanc de céruse moderne
Sur la toile tu luis, lanterne
Chassant la nuit et l’ennui terne.

Outremers, Cobalts, Vermillons,
Cadmium qui vaux des millions,
De vous nous nous émerveillons.

Et l’on met tout ça sur des toiles
Et l’on peint des femmes sans voiles
Et le soleil et les étoiles.

Et l’on gagne très peu d’argent,
L’acheteur en ce temps changeant
N’étant pas très intelligent.

Qu’importe ! on vit de la rosée,
En te surprenant irisée,
Belle nature, bien posée.

Aus: Charles Cros, Die Krallenkette und verstreut gedruckte Gedichte.  Übersetzt und benachwortet von L. Partisander. Essen: Die Blaue Eule 1995, S. 12f.
Charles Cros, „Dichter-Physiker“, 1842 – 1888, erfand vor Edison den Phonographen.


© (Für die Auswahl) Michael Gratz 2000.

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