2001 April

Das neue Jandl-Projekt,

für das Puschnig den grössten Teil der Musik geschrieben und auch gewisse Texte ausgewählt hat, soll kein typisches «Jazz und Lyrik»-Vorhaben werden. An die Aneinanderreihung von Wort und Musik glaubt Puschnig weniger. «Im Vordergrund wird das Wort stehen, wobei wir auch weniger bekannte, relativ kurze Texte des Autors ausgesucht haben», erklärt Puschnig. / NZZ 7.4.01

In der Frankfurter Anthologie

stellt Georg Wöhrle ein Gedicht von Frank Wedekind vor: „Xanthippe“. „Die böse Frau Xanthippe heißt,/Die ihren Mann am Halstuch reißt. / Sie goß das volle Nachtgefäß/ Hinunter über Sokrates…“ / FAZ 7.4.01

Ebenfalls in Bilder und Zeiten schreibt Harald Hartung über Michael Hamburgers Holocaust-Gedichte.

Das neue Gedicht der “ Welt „: Kathrin Schmidt über Johannes Kühn

Ellen Hinsey,

geboren in Massachusetts, begann früh zu schreiben. Ihr Stil ist geprägt von intensiver Lektüre osteuropäischer Autoren wie etwa der schwermütigen russischen Dichterin Marina Zwetajewa. Er trägt aber auch eine spezifisch amerikanische Lakonik in sich. Die so konzentriert auf Fragen reagierende Künstlerin gehört mit Sicherheit nicht zu den Zertrümmerern alter Formen. Ihre Lyrik bewegt sich, ohne konventionell zu sein, innerhalb der Tradition. Der Leser muss sich auf die Sprache einlassen, muss die Schächte und Hallräume der streng gebauten Verse lesend abklopfen. „Fast fünf Jahre arbeite ich an einem Band“, erzählt Ellen Hinsey in der zum See hin ausgerichteten Bibliothek der American Academy. „Und ein Gedicht benötigt mitunter auch Jahre.“ / Die Welt 5.4.01

Rilke in der Schweiz

FAZ bespricht: Schank, Stefan: “ Rainer Maria Rilke in der Schweiz.“ . . . gleich ferne von bekannt und unbekannt

Eulen Verlag, Freiburg 2000, ISBN 3891024568, Gebunden, 70 Seiten, 39,80 DM / 5.4.01

 

Die Zeit: Kurzke, Hermann: “ Novalis.“

C. H. Beck Verlag, München 2001, ISBN 3406459684, Taschenbuch, 112 Seiten, 17,90 DM

Auf der aktuellen SWR-Bestenliste

zu finden: der französische Lyriker Philippe Jacottet mit „Antworten am Wegesrand“ (Hanser) (6.) und Friederike Mayröcker s „Requiem für Ernst Jandl“ (Suhrkamp) (8.)

 

Ralf Rothmann (46),

Lyriker und Romancier, erhält den diesjährigen Hermann-Lenz-Preis. Die vom Münchner Verleger Hubert Burda gestiftete Auszeichnung ist mit 20 000 Mark dotiert. Die Lenz-Stiftung wurde 1994 von Hermann Lenz und seiner Frau gegründet. Der in Berlin lebende Ralf Rothmann wurde am 10. Mai 1953 geboren. Sein lyrisches und erzählerisches Werk wurde bereits mit mehreren Ehrungen ausgezeichnet, darunter dem Märkischen Kulturpreis 1986 und dem Literaturpreis des Landes Nordrhein-Westfalen 1996. / Main-Echo Aschaffenburg 5.4.01

10. Todestag

des Dichters Ernst Schönwiese. Poesie als Urerfahrung

Vor zehn Jahren, am 4. April 1991, starb in Wien der Dichter Ernst Schönwiese. Er hat in den Dreißigerjahren, besonders aber nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die Entwicklung der Österreichischen Literatur entscheidend mitgeprägt. Ein freudiger Entdecker, hat er als einer der ersten auf Canetti hingewiesen, auf Broch und Musil, die er 1935 in seiner berühmt gewordenen Anthologie „Patmos“ auch als Lyriker vorstellte. Er regte Broch zu einer Erzählung an, die später zur Keimzelle des großen Romans „Der Tod des Vergil“ wurde. Nach Hitlers Machtergreifung in Deutschland gründete er die Zeitschrift „das silberboot“, um den freien Geistern, die der Nationalsozialismus zum Verstummen bringen wollte, ein Forum zu bieten. Nach seiner Rückkehr aus der Emigration ließ Schönwiese diese Zeitschrift wieder aufleben. Wir begegnen in ihr unter anderen Hermann Hesse, Broch, Musil, Felix Braun, Faulkner, André, Gide, Franz Werfel, Erika Mitterer. In den jüngsten Jahren trat Schönwiese besonders für Ingeborg Bachmann, Juliane Windhager, Jeannie Ebner, Friedrich Bergammer und Ernst David ein. Vorurteilsfrei nahm er schon vor Jahrzehnten H. C. Artmann und Thomas Bernhard in seine Anthologien auf. …

Vor allem aber war er ein großer europäischer Lyriker, vergleichbar mit Rilke, Octavio Paz, Hofmannsthal, Jimenez und René Char. Das Dichterische war ihm „ident mit der Urerfahrung des Menschen“. In der Poesie, so bekannte er, „ist in allen Religionen gemeinsame Erlebnis inkarniert“. Ein Meister des „Geheimnisvollen Ballspiels“, wusste Schönwiese zutiefst, dass wir mitten im Willen stehen, wenn wir nicht mehr wollen. Sein Gedicht, zwischen Sichtbaren und Unsichtbaren schwebend, ist nur dem Gefühl fassbar und lebendig, und doch erscheint in ihm „das Eine, das überall ist und nirgend“. Schönwieses Lyrik – in 13 Büchern gesammelt – ist vom „Siebenfarbigen Bogen“ bis zu „Baum und Träne“ vom Agens lebendiger Erfahrung erfüllt. In seinen Frühen Gedichten erweist er sich als ein Architekt der Strophen. Neben hymnischen Oden stehen gereimte Gedichte. Alle aber, ob sie nun von der Betrachtung ausgehen oder die tiefsten Augenblicke beseligender Liebe verewigen, künden vom Bleibenden und verklärender Schönheit. Das Herz wird als das eigentlich zeugende Organ des Lebens erkannt. / Paul Wimmer, Wiener Zeitung 4.4.01

Wie erging es Ihnen,

als Sie erstmals die Gedichte von Selma Meerbaum-Eisinger lasen?

Aue: Ich bin von Haus aus kein Lyrik-Fan, aber als ich das gelesen habe, war ich aus den Latschen. Mich hat verblüfft, dass sie erst 18 Jahre alt war. Sie schreibt nicht frühreif, aber hellsichtig und sehr abgeklärt, ganz so, als hätte sie ein Gespür für die Kürze ihres Lebens. In den Gedichten geht es sehr stark um unerwiderte Liebe. Mich beeindruckt, dass sie das Elend im Arbeitslager nie wirklich thematisiert, sondern immer auf einer Metaebene mitschwingen lässt. Man spürt Abschied, Trauer und Todessehnsucht, aber zu dieser Innenwelt sind die Gedichte eine Art Gegenwelt, um das psychische Überleben zu sichern. / Der Nürnberger Dokumentarfilmautor Michael Aue über das Videokonzept zur neuen Czurda-Produktion, Fürther Nachrichten 5.4.01

Slowenische Lyrik

Das Poesiefestival wird heuer an fünf Wochenenden stattfinden, wobei jeweils eine andere Sprache und poetische Landschaft vorgestellt werden. Das Interesse ist auf Eigenheiten und Gemeinsamkeiten, auf Widersprüchliches und Mehrsprachiges, auf Übersetzungsarbeit gerichtet. Den Auftakt bildet am Freitag in der Secession Lana (um 20 Uhr) slowenische Lyrik, mit zweisprachigen Lesungen: Marusa Krese aus Berlin, Maja Vidmar, Urosv Zupan und Alesv Svteger aus Ljubljana/Laibach und Fabjan Hafner aus dem österreichischen Feistritz. Am Samstag ist auf Schloss Fahlburg in Prissian (18 Uhr) Gespräch mit Fabjan Hafner (Übersetzer), Franz Hammerbacher (Edition Korrespondenzen, Wien) und den Autoren; um 20 Uhr Performance für Stimme und Akkordeon von Dane Zajc und Janez Svkof aus Ljubljana/Laibach. Zum „Welttag des Buches“ am 23. April ist im Raiffeisenhaus Lana Lesung und Diskussion mit Gerhard Falkner. Anlass bildet die Uraufführung von dessen Stück „Alte Helden“ im Neuen Stadttheater Bozen mit den Vereinigten Bühnen Bozen. Vorgesehen sind noch Tage zur polnischen, russischen und tschechischen Dichtung. / Dolomiten Online 5.4.01

‚He’s beyond music, beyond lyrics‘

For me Bob Dylan was more important, way back then, than the Beatles or the Stones or anyone else. And though there are many great songwriters these days – Paul Simon, Tom Waits – I still think nobody comes close. / Salman Rushdie und andere schreiben über Bob Dylan / The Observer Sunday March 25, 2001

Unterschiedliche Meinungen

der Kritiker von SZ, FR und nun FAZ über das neue Buch von Amanda Aizpuriete kann man bei Perlentaucher nachlesen.

Aizpuriete, Amanda: „Babylonischer Kiez.“ Gedichte. Aus dem Lettischen von Manfred Peter Hein
Rowohlt Verlag, Reinbek 2000, ISBN 3498000586, Gebunden, 72 Seiten, 38,00 DM

Slobos Bekenntnis

Ein Lyriker rechnet ab Jetzt weiß Milosevic, woran er glauben kann / Von Charles Simic

Ich dachte, die Serben würden Milosevic nie loswerden. Wenn es noch irgend etwas gibt, was Kontinuität und Dauer zu garantieren scheint, dann sind es Diktatoren. Irgendwann haben sie uns alle davon überzeugt, daß sie auf ewig bei uns bleiben würden. Und ist es nicht genau das, was sich ihre Anhänger, die zu Tausenden auf Massenkundgebungen brüllen, von ganzem Herzen wünschen? Selbst noch in jener Nacht, in der Milosevic endlich festgenommen wurde, versicherten die vor seiner Residenz versammelten Anhänger den Reportern, Millionen von Menschen, die den Diktator immer noch liebten, befänden sich im Anmarsch auf Belgrad und der Chef werde die Dinge in Kürze wieder selbst in die Hand nehmen.

(Der Lyriker Charles Simic wurde 1938 in Belgrad geboren und lebt in New Hampshire. Zuletzt erschien sein Gedichtband „Grübelei im Rinnstein“.) / Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.04.2001, Nr. 80 / Seite 49

Die zwei Welten des slowenischen Dichters Florjan Lipus

Florjan Lipus, 1937 in Lobnig geboren, gehört zu den herausragenden slowenischen Gegenwartsschriftstellern. 1972 wurde der Roman seiner Jugend, «Der Zögling Tja», von Peter Handke für den deutschsprachigen Raum entdeckt. Mittlerweile hat es Lipus akzeptiert, als Kärntner Slowene Teil einer verschwindenden Kultur zu sein. …

Florjan Lipus, geboren 1937 und aufgewachsen in einem engen Tal der Karawanken (einem «Graben», wie die Einheimischensagen), ist Kärntner, Kärntner Slowene – Angehöriger jenes slawischen Volkes, das die Region einst erschloss und beherrschte. Längst sind die (noch 15 000) Slowenen in Österreich eine Minderheit im eigenen Land. Lange wurden sie mit scheelen Blicken betrachtet und waren in Schüben den Demütigungen und Repressalien der Mehrheit ausgeliefert. / Uwe Stolzmann, NZZ 4. April 2001

Bruder der Nacht

Vor 200 Jahren starb Novalis. Goethe mochte seine „flirrende Lust“ nicht, aber das Werk ist noch immer eine Herausforderung

Zum Motiv des einsamen Greises gehört auch das des „umgezogenen Himmels“. In einem Gedicht schreibt Novalis: „Der Himmel war umgezogen,/ Es war so trüb und schwül,/ Heiß kam der Wind gefolgen/ Und trieb ein seltsam Spiel.“ In diesem knappen Vers, wieder ein aus der Fassung gesprungenes Idyll, hält Novalis die ernüchternde Einsicht fest, dass er nicht länger von der gutmütigen Vorstellung ausgehen kann, sein Leben sei in einer höheren Ordnung verankert. Er sieht sich einem „heißen Wind“ ausgesetzt, weiß nicht, wo er Schutz vor dieser Klimaverschärfung finden kann, und diese Verschlechterung seiner Lage verschärft seine Erwartungen an die Literatur. Sie ersetzt ihm die Bibel, sie soll dem Autor und seinen Lesern dabei helfen, eine genauere Vorstellung ihrer Lebenssituation zu entwickeln. Die Literatur wird zur einzigen Orientierungshilfe. Das ist für den Autor einerseits zwar schmeichelhaft, andererseits verpflichtet es ihn, mit größtem Ernst an seinen Versen zu arbeiten. …

Dass Novalis zu einer derart radikalen Auffassung von Literatur gelangte, hängt mit seinem Geburtsdatum zusammen und den Chancen, die sich daraus für ihn ergaben. Er kam im Mai 1772 in der Nähe von Mansfeld (Thüringen) zur Welt, und er konnte, als er zu schreiben anfing, auf die Errungenschaften von Autoren wie Goethe … aufbauen. / Klaus Siblewski, FR 24.3.01

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