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Veröffentlicht am 19. August 2015 von lyrikzeitung
Aus Teil 4 der Auseinandersetzung mit der neuen Anthologie afrikanischer Lyrik
Der Herausgeber der neuen Afrika-Anthologie will das tiefe »Wesen« des ganzen Kontinents erfassen, ein früheres Werk aus seiner Werkstatt trägt den bezeichnenden Titel Afrika als Weltreligion.
Verträgt Lyrik eine solche Behandlung? Lässt sich in einer globalisierten Gesellschaft nach dem Kontinentalcharakter fragen wie einst nach dem von Völkern und Nationen?
Was als wesenhaft afrikanisch gelten könnte, wird in den versammelten Gedichten selten direkt angesprochen. In einigen Fällen aber doch: * Ein ausgeweitetes System des Ausgleichs. * Dass der ganze Clan, die flexible Großfamilie, bei der Tür hereinstürmt und erwartet, dass die Hausfrau wohlwollend lächelt. * Mit der Kraft von Generationen zu lieben. * Naturkatastrophen. * Sich satt essen und dann weg zu schleichen. * Zaudern; denn vielleicht verliert die Ungeduld ja ihren Mut angesichts der eigenen Unschlüssigkeit. * Zuwarten, bis jemand nach einem fragt.
Über diese Selbstzuschreibungen hinaus müsste nach der Lektüre das Anklagen als ein übergreifendes Charakteristikum Afrikas angesehen werden. Die Poesie am Kontinent der Habenichtse erscheint wie eine einzige moralisierende Veranstaltung.
/ Wolfgang Koch, taz.blogs
Al Imfeld (Hg.): Afrika im Gedicht, 586 Poeme auf 815 Seiten, zweisprachig abgedruckt, Offizin Verlag, Zürich 2015, ISBN 978-3-906276-03-8, EUR 60,-
Kategorie: Afrika, SenegalSchlagworte: Al Imfeld, Wolfgang Koch
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