20. Alfred Kerr

Alfred Kerr hat Kriegspropaganda geschrieben, in der er die deutschen Kriegsgegner im Ersten Weltkrieg schmähte. Die entsprechenden Texte hatte Gerhard Henschel am Wochenende in der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ veröffentlicht und die Frage gestellt, ob Kerr heute noch als Namensgeber für Preise tauge. Denn zwei Preise sind nach dem Schriftsteller, Theaterkritiker und Journalisten benannt: der „Alfred-Kerr-Darstellerpreis“ für Nachwuchsschauspieler, der im Rahmen des Berliner Theatertreffens verliehen wird, und der „Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik“, den das Börsenblatt seit 1977 in Frankfurt vergibt. Die Preise, schreibt Henschel, würden Jahr für Jahr von Kritikern und Schauspielern entgegengenommen. „Wissen sie alle nicht, dass der Namensgeber kriegsgefangene Russen einst als Wachsstockfresser verhöhnt hat? Oder ist das den Preisträgern gleichgültig?“, so Henschels Frage zum Abschluss des Textes. (…)

Als „lächerlich“ bezeichnet Günther Rühle die Debatte. Rühle ist Experte: Er selbst war seit den 1950er Jahren einer der einflussreichsten Theaterkritiker und fünf Jahre lang Intendant an den Frankfurter Städtischen Bühnen; heute ist er Präsident der Alfred-Kerr-Stiftung. Als „Schnee von gestern“ bezeichnet er diese Erkenntnis, vor allem, weil die Gedichte seit langem bekannt und in der Kerr-Ausgabe veröffentlicht sind. Kerr habe sich immer dazu bekannt, die umstrittenen Gedichte geschrieben zu haben. Folglich werde der nach Kerr benannte und von der Stiftung vergebene Theaterpreis nicht umbenannt. / hr

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