82. Junge finnische Dichtung

Junge Dichtung gibt es in allen Ländern und wir wissen viel zu wenig davon. Wir von Babelsprech.org wollen mit der Reihe den babelsprech-Kreis junger deutschsprachiger Dichtung in Richtung Europa und darüber hinaus überschreiten. Denn was ist Europa ohne einen Ort gemeinsamer Dichtung? – so kommen also die Autor_innen und ihre Texte in den Raum und werden vorgestellt. Die Vorstellungsrunde beginnt mit einem Beitrag von Oravin zur jungen finnischen Dichtung.

Auszug:

im Kirjailijatalo hält auch ein auf dichtung spezialisierter kleinverlag seine sitzungen ab: Poesia. Poesia ist ein kollektiv, von dichtern selbst geführt. der verlag ist seit einigen jahren im besitz einer eigenen druckerpresse und stellt gedichtbände von hoher qualität und schönheit her, die in den großen verlagshäusern Finnlands keine existenzmöglichkeit fänden. sämtliche bücher sind dabei kostenlos als download auf der homepage des verlags verfügbar, in kombination mit den bibliophilen ausgaben eine zeitgenössische vertriebsform in der aufdämmernden zeit raubkopierter ebooks.
seit den späten 2000er-jahren krempelt Poesia die finnische dichtung um. lange nur insidern bekant, folgte im jahr 2013 erstmals auch öffentliche anerkennung. der verlag und seine autoren gewannen den zentralfinnischen förderpreis für literatur, den Runeberg-Preis und den Helsingin-Sanomat-Literaturpreis. Helsingin Sanomat ist die größte tageszeitung Finnlands: die junge dichtergeneration ist somit ins blickfeld einer breiten masse von lesern gerückt.

vor gut zehn jahren, das höre ich immer wieder, sahen die bedingungen für zeitgenössische lyrik anders aus. es gab keinen einzigen unabhängigen kleinverlag, und die vier großen verlagshäuser behandelten die dichtung stiefmütterlich. austausch mit den europäischen oder amerikanischen szenen fand kaum statt, die finnische dichtung folgte ihren eigenen gesetzen. experimentelle szenen wie Oulipo, FLARF oder Google Poetry, die für die junge szene wichtig werden sollte, waren den etablierten dichtern und ihren lektoren unbekannt. die neue generation begann sich zu vernetzen, unpublizierbare manuskripte wurden herumgereicht. erster anlaufpunkt wurde für viele das bis heute einflussreiche magazin Tuli&Savu (“Feuer&Rauch”). 1994 gegründet, wurde die redaktion des magazins im jahr 2002 von Leevi Lehto übernommen, einem damals fünfzigjährigen, der neuen dichtung aufgeschlossenen lyriker. die ihm nachfolgenden, jährlich wechselten herausgeber stammten selbst aus der jungen dichterszene und machten Tuli&Savu zur wichtigsten plattform neuer lyrik.

Vorgestellt werden: Harry Salmenniemi, V. S. Luoma-aho, Mikael Brygger, Olli-Pekka Tennilä, Kristian Blomberg, Pauliina Haasjoki, Teemu Manninen, Henriikka Tavi, Miia Toivio, Marko Niemi, Mari Laaksonen, Erkka Filander, Harri Hertell, Kasper Salonen, Juho Nieminen, Juho Kuusi,  Matinpoika, Eli Solana, Leevi Lehto

/ Oravin, Babelsprech

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