106. Lyrikstationen 2009 (5)

Fortsetzungsessay von Theo Breuer

5

Volta Schlenderei

King sun, rosy cheeked, day’s sovereign coin

Afrikaans, Albanian, Arabic, Arumanian (Vlach), Azeri, Azerbaijani Turkic, Pasque, Bengali, Breton, Bulgarian, Catalan, Chinese, Croatian, Czech, Danish, Dutch, Ebira, English, Estonian, Faroese, Finnish, French, Galician, Georgian, German, Greek, Hausa, Hebrew, Hungarian, Ibibio (Efik), Icelandic, Igbo, Irish Gaelic, Italian, Japanese, Kurdish, Kyrgyz, Latvian, Lithuanian, Lumasaba, Macedonian, Malay, Maltese, Mongolian, Nepali, Nigerian Pidgin English, North Eastern English, Norwegian, Nupe, Persian, Polish, Portuguese, Punjabi, Romanian, Run­yankole, Russian, Scots, Scottish Gaelic, Sepedi, Serbian, Shetlandic, Sindhi, Slovak, Slove­nian, South Allemanic Dornbernerisch (Vorarlberg), Spanish, Swedish, Triestino, Turkish, Turk­men, Ukrainian, Urdu, Uzbek, Welsh, Yiddish, Yoruba

75 languages including the English, schreibt Richard Berengarten, der kürzlich den ursprünglichen Namen seines Vaters annahm, der im frühen 20. Jahrhundert aus Po­len nach England auswanderte und den Namen Berengarten in Burns umwan­delte.

In Zusammenarbeit mit Peter Robertson, dem Editor des Literaturportals The Inter­national Literary Quarterly, sammelte Berengarten die zahlreichen Übertragungen des Gedichts Volta (ursprünglich 1983 in seinem international erfolgreichsten, Land, Leben und Leute in Griechenland in Verse verwandelnden Gedichtbuch Black Light veröffentlicht; meine deutsche Übertragung erschien 1996 im Bunte Raben Verlag unter dem Titel Schwarzes Licht), die im November 2009 einschließlich des exzel­len­ten Essays Border/Lines von Richard Berengarten (This anthology of poems is a ce­lebration of multilingualism and diversity) in der 9. Ausgabe von In­terlitq.org nach­zule­sen sind. Kaum zu fassen ist die Vielfalt der an den verschiedensten Orten der Welt entstandenen Versionen, auf die ich in die­sem weltweit und historisch wohl einmaligen Projekt treffe.

Volta. Schlenderei

… jetzt, wo die Dämmerung hereinbricht …

König Helios, rosawangiger, hellichter Sterntaler,
du kommst mir ganz nah, Haut wird zu Horn,
Wirbelsäule zum Sehnerv, ich zittre am ganzen Leib,
geblendet von dem Goldstrom, den du über dieses
Meer und diese Stadt vergießt und der mir das Augenlicht raubt.
Hier waren einmal – und ich weiß, sie sind hier immer noch –
Häuserzeilen und Straßen, die zu einer anderen Stadt gehören,
nicht dieser, die du vollkommen verwandelt hast.

Wir gehn das Hafenbecken entlang, die nächtlichen
Fischerboote warten darauf, hinauszufahren,
Motoren tuckern, Parafinlampen flackern,
die ganze Stadt ist auf den Beinen,
Verliebte Arm in Arm, alberne Bengel,
Mütter, Väter, eisschleckende Kinder,
und alte Männer schaun dem Treiben von Kaffeehaustischen zu,
während die dunkel werdenden Hügel wie zahme Tiere näher rücken.

Süßes über Berg und Bucht versprühtes Abendrot,
wie zufällig streift mich dein Arm,
wie die Berührung der jungen Frau, die neben mir geht,
breithüftig, kurzschrittig, mit wiegendem Gang,
pechschwarzem, zurückgekämmtem Haar, zartem Hals, leichter Schulter,
Sommerteint und lachenden olivbraunen Augen.
Ich trinke dich, schimmerndes Licht, wie Wein, wie Musik,
wie ihre Vorfahren dich jahrtausendelang getrunken haben.

Poröse Stadt, sie heißt Elefthería,
deine Narben sind graue Lichttüpfchen in ihren Augen,
und sie hat um diese Stunde, wenn Lichtreflexe
zärtlich in ihrem Gesicht spielen, wie Sprache oder Gesang,
das althergebrachte Recht, diesen Kai entlang zu schlendern,
als Spielball und Hüter deines Glanzes,
den sie im Brunnen ihrer tiefgründigen Pupillen sammelt,
und ihr Lieblingsvorrecht: dich zu beschreiten wie eine Tänzerin.

Liebster Abend, uraltes Licht,
schönstimmiger Solist, lieblich wie diese Frau,
wie kann ich nicht die Anmut bewundern,
in die du diese Stadt und ihre Menschen tauchst, Gußform,
die alles, was sie berührt, zum Bild macht, die ganze Welt.
Ich bin dein Sklave geworden, vielleicht gar dein Bürger,
und ich lechze danach, dich ganz zu trinken,
jede Pore mit deinem Glanz zu füllen – ihrer Freiheit.

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