René Char und der Surrealismus

Diese Ausgabe macht dem deutschen Leser zum ersten Mal das surrealistische Frühwerk des französischen Dichters in seiner Gänze bekannt, das bisher nur in Einzelübersetzungen verfügbar war. Merkwürdig an der lesbaren Übersetzung ist nur, daß statt eines Übersetzers eine „Redaktion der Übersetzung“ genant wird, der auch die Verlegerin angehört. Ärgerlich ist aber das Nachwort Horst Wernickes, das den Surrealismus zum Feinbild hat und vor allen Dingen zeigen will, wie früh Char die wahre Natur dieser Bewegung erkannte und mit welcher Konsequenz er daraufhin sein eignes Werk korrigierte. Beweise? Zuerst zieht Wernicke Chars Lettre hors commerce von 1947 heran. Es ist der Antwortbrief Chars an André Breton , der ihn zu einer Teilnahme an der Ausstellung „Le Surréalisme en 1947“ (Paris, Galerie Maeght) eingeladen hatte. Er wünscht darin dem Freund, daß er sein Ziel erreichen möge, schildert dann aber seine eigene ungewisse Position: „Ma part la plus active est devenue… l’absence.“ Und erklärt im Hinblick auf die Ausstellung: „Je ne peux pas aimer deux fois le même objet.“ Er stellt Breton anheim, ihn mit Zeugnissen seiner surrealistischen Periode („qui je fus“) in der Ausstellung zu präsentieren. Er sei auch heute noch bereit, sich mit Liebe zu diesem großen Augenblick in seinem Leben zu bekennen. „Wir haben es verstanden und werden es immer verstehen, uns Seite an Seite wiederzufinden in dieser maßlosen und wesentlichen Sekunde.“
Richard Anders, Berlin

René Char: Der herrenlose Hammer / Erste Mühle. Zweisprachige Ausgabe. Mit einem Nachwort von Horst Wernicke. Verlag Jutta Leguell. Stuttgart 2002

/ 26.6.03

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..