Avantgarde der Individualisierung

«Wir haben ein Land aus Worten» – so viel Tribut an die Rolle des Nationaldichters muss sein. Aber Vorsicht: Den Halbvers verschattet Enttäuschung. Kein Land haben die Vertriebenen, nur Worte, einen poetischen Selbstentwurf, gewiss, doch der Weg wird lang und länger. Darwish hat auf diesem Weg das Persönliche und dessen Entgrenzung ins Universale entdeckt. Vier Prosagedichte eröffnen den Band als «private Anschriften» – eine Kampfansage an jede Lektüre, die ihn nur als Volkes Stimme begreift. …

Der Mann, dessen Gedichte so machtvoll die verlorene Heimat beschworen, der ein «Land aus Worten» schuf, muss nach der Heimkehr feststellen, dass er sich durchs Dichten der Heimat beraubt hat: Die dem modernen Gedicht eigene Selbstreflexion hat ihn auf eine Suche nach dem eigenen Ich geschickt, die ihn dem Kollektiv entfremdet. Literatur wird hier zur Avantgarde einer Individualisierung im Zeichen der Kulturvermischung, die der arabischen Gesellschaft noch bevorsteht./ Ludwig Ammann, NZZ 8.10.02 über

Mahmud Darwisch
Wir haben ein Land aus Worten
Gedichte. Arabisch und deutsch.
Aus dem Arabischen übersetzt und mit einem Nachwortversehen von Stefan Weidner.

Etwa 220 Seiten. Englische Broschur.
EUR (A) 17.40/ EUR 18.50 / CHF 29.50
ISBN 3250300136

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..