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Veröffentlicht am 6. September 2015 von lyrikzeitung
Gelegentlich legt er das Smartphone quer und tippt die Verse, die ihm gerade eingefallen sind, mit beiden Daumen ein. Wenn er dann so dasitzt, kommt Marcus Roloff sich gelegentlich vor wie sein Sohn, wenn er Nintendo spielt. Aber auf diese Weise geht das Schreiben schneller, und darauf kommt es dem Frankfurter Dichter an, wenn es darum geht, alles festzuhalten, was ihm, schon halb oder ganz zum Wort geworden, durch das Bewusstsein zieht. „Eins von beiden ist immer zu langsam, das Schreiben oder das Denken.“
In diesem Sommer hat Roloff das Telefon als Schreibgerät so richtig entdeckt. (…) Und die segensreiche Wirkung von Flughäfen und Busbahnhöfen ohne W-Lan-Empfang. Denn das Internet mit seiner perfiden Aufforderung zu dem, was er „Ganzzeitrecherche“ nennt, ist auch für Dichter eine Ablenkung, gerade für einen Lyriker wie Roloff. Seine Texte entwickeln sich in hohem Maß über die Beziehungen, die zwischen einzelnen Wörtern, Silben und Klängen herrschen. Trotzdem rechnet Roloff sich nicht zu den experimentellsten unter seinen Zeitgenossen. Er nehme Gegenstände und mache aus ihnen etwas Sprachliches, sagt er. Dabei komme es ihm darauf an, dass seine „Sprachdinge“ der Wirklichkeit genügten: „Im Grunde werfe ich die Wirklichkeit, die ich wahrnehme, ins Wasser.“ Dort, im Sprachnass, so lässt sich das Bild fortführen, löst sie sich auf, aber das fertige Gedicht enthält Sprache und Welt. / Florian Balke, FAZ
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Florian Balke, Marcus Roloff
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