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Veröffentlicht am 1. September 2010 von lyrikzeitung
Gottfried Benn
Was schlimm ist
Wenn man kein Englisch kann,
von einem guten englischen Kriminalroman zu hören,
der nicht ins Deutsche übersetzt ist.
Bei Hitze ein Bier sehn,
das man nicht bezahlen kann.
Einen neuen Gedanken haben,
den man nicht in einen Hölderlinvers einwickeln kann,
wie es die Professoren tun.
Nachts auf Reisen Wellen schlagen hören
und sich sagen, daß sie das immer tun.
Sehr schlimm: eingeladen sein,
wenn zu Hause die Räume stiller,
der Café besser
und keine Unterhaltung nötig ist.
Am schlimmsten:
nicht im Sommer sterben,
wenn alles hell ist
und die Erde für Spaten leicht.
Gottfried Benn: Gedichte. In der Fassung der Erstdrucke. Fischer Taschebuch Verlag 1982, S. 440
Erstdruck in: Destillationen. Neue Gedichte. Wiesbaden 1953, S. 15
[Ich umkreise nicht das Sterben, sondern Hölderlin]
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Friedrich Hölderlin, Gottfried Benn, L&Poe-Anthologie, Mea: Sinnfest
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