73. Der Künstler, der Fremde in uns

Fremdes in uns

Fremdes in uns muß nicht schlecht sein. Im Orakel sprach nicht der arme sterbliche Mensch. Ist nicht meine Krankheit eine „Rollen-Krankheit“? Erst zersplittere ich. Nun zersplittert mein Leben. Hat der Schizophrene die Eigenart, zwischen Rollen zu pendeln? die Macht, als Schreibender in sich selbst Kraft zu sein und Bewegung. Energie und Drang in geheimnisvoller Zielrichtung. Das Kosmische ist im Leib des Körpers, in der Gestalt der Wolke ebenso wie im Sprachleib. Nimmt er immer allzu gierig das Fremde an, wie R.M. Lenz immer wieder Goethe kopierte, ihn nicht schädigend sondern im Motiv eher bestätigend oder ihn erst im Äußersten erschaffend nachlebte? Wie unbewußt ist solch ein Zerrissener: auch „gegen seine Intentionen“ sind Dinge in seinen Texten, um „die es sich lohnt“. Er ist sich selbst und Späteren ein Steinbruch, in dem es knirscht, Pulver steigt auf, aber es gibt auch Funkeln und Glitzern aus Kanten und Brüchen. Emanationen. Strahlungen. Lauter kleine Teile, kein Klumpen zu einem Buch. Im TAROT gibt es zwei volle Kugeln. Ich lege die Karten: Schicksal, Königin, Gerechtigkeit.

Wie schmal und klar dein Gesicht ist
-Gerechtigkeit-
wie überdimensional das Schwert
und wie zärtlich die Waage,
die du vorsichtig hältst
Nimm doch die krankenschwesterhafte
Krone vom Haupt, -Königin-
die Haare sind so strähnig so blond
so mädchenhaft wie der ungeküßte Mund

Das -Schicksal- hat eine freie Brust
die volle zwei Kugeln hat
und gleichgerichtet in die Luft
nach vorne nach oben steht

/ Wilhelm Fink (Hamburg)

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