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Auch Krause, 1961, ist ein Demontierer. Seine Gedichte sind Bauwerke – aus Stilen und Farben und Anklängen. Fast mit dem Wort wechselt er den Gestus. Ganz so, als misstraue er den üblichen Lyrismen, dem Eingänglichen durchkomponierter Verse sowieso. Selbst dann, wenn er sich mit den strengen Gedichten Buonarottis beschäftigt hat: „Satansziege frisst die Reifen der Vollendung an …“ Wer da erwartet, er würde jetzt die Satansziege beim Reifenfressen sehen, der irrt. Mit dem Versbruch bricht auch das Bild: „Namen wie Missionen stromauf zu den Dörfern“. Und mit dem Bild bricht die Botschaft. …
Die Worte sind – je öfter benutzt, um so stärker – mit Bedeutungen beladen. Manche Worte sind die Mahnmale ihrer selbst geworden. Nicht nur das Wort Pforte. Man könnte aus moderner Dichtung ein ganzes Vokabelwerk machen, in dem sie gewürdigt werden, weil selbst die Dichter nicht mehr sehen, wie ehrwürdig sie sind, all diese: festgezurrt, Waldgrund, Nüstern und Klippen, grobschlächtig und kubisch, innewohnen und umwallen.
Das Ergebnis: Texte mit Ecken, Kanten, scharfen Wendungen und einem gepflegten Arbeitscharakter. Der Dichter lässt nicht nur beim Arbeiten zuschauen. Er fordert auch vom Leser Arbeit am Wort-Werk. Das ist dann also Entscheidungssache, ob man noch eine Stunde Arbeit mit Dieter Krause dransetzt. Oder sich doch lieber umsäuseln lässt von Ovid oder Buonarotti. / Ralf Julke, Leipziger Internet-Zeitung 17.5.
Dieter Krause „Farbkammern“, Leipziger Literaturverlag, Leipzig 2010, 12,95 Euro
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