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Jirí Kolář war ein Grenzgänger zwischen den Genres: Lyriker und bildender Künstler. Und er war einer der ersten Unterzeichner der Menschenrechtserklärung „Charta 77“.
Die Documenta 4 in Kassel, Juni bis Oktober 1968: neben Werken amerikanischer Pop-Art-Künstler wurden zum ersten Mal Arbeiten des Tschechen Jirí Kolář im Westen gezeigt. Bald fanden sie auf dem internationalen Kunstmarkt Beachtung und wurden in Venedig, New York oder Paris ausgestellt. In seiner Heimat waren sie dagegen lange stigmatisiert. Weniger bekannt als sein bildkünstlerisches Werk wurde bei uns sein literarisches: Es umfasst Kinderbücher, Theaterstücke, Essays, Prosa und Gedichte – beeinflusst war Jirí Kolář von den Surrealisten und Futuristen.
„Lese
ein Häufchen Kiesel zusammen
und verfasse daraus
egal wo
Steinchen für Steinchen
Wort für Wort
Reihe auf Reihe
wie Vers auf Vers
ein Gedicht.“
Nach der Niederschlagung des „Prager Frühling“ 1968 wurde der Künstler vom Husák-Regime verboten und diffamiert. Als er die Menschenrechtserklärung „Charta 77“ unterschrieb, verschärfte sich der Konflikt mit dem Staat. 1979 ging Kolář als Gast des Deutschen Akademischen Austauschdienstes für ein Jahr nach Berlin. Als er anschließend einen Arbeitsvertrag am Pariser Centre Pompidou annahm, wurde er in der ČSSR in Abwesenheit zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, sein Besitz wurde beschlagnahmt und ihm die Staatsbürgerschaft aberkannt.
/ Doris Liebermann, DLR
Ein Sammelband mit Gedichten und Collagen erschien 1971 bei Suhrkamp:
Er ist auch enthalten im Band
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