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Vor der Folie tödlichen Schweigens musste sie neue kühne Wege gehen. Wäre sie Maler, heißt es in ihren „Briefen aus der Nacht“, würde sie „das Steinerne des Steines malen“, „das Wesen des Leidens in einem Fischauge zwischen Leben und Tod“. „Hingabe ist der neue Pinsel“, meinte sie – Hingabe, um „die Wunde lesbar zu machen“.
Dass sie das zu einer singulären Dichterin machte, zeigen nun die ersten beiden Bände einer Werkausgabe. Sie versammeln alle seit 1940 in Schweden entstandenen Gedichte und Gedichtzyklen in chronologischer Reihenfolge. Unter den von Ariane Huml und Matthias Weichelt kenntnisreich kommentierten Dichtungen sind viele bislang unpublizierte von großer Schönheit.
Hauptherausgeber aller vier Bände – Band III mit den szenischen Dichtungen und Band IV mit Prosa und Übertragungen sind in Vorbereitung – ist der aus Göteborg stammende Autor Aris Fioretos. Er ist auch Kurator der großen Wanderausstellung, die anlässlich des 40. Todestags der Dichterin gestern Abend im Jüdischen Museum Berlin eröffnet wurde. In einer begleitenden Bildbiographie schildert Fioretos Leben und Werk der Dichterin. Das Buch basiert auf umfassenden Archiv-Recherchen sowie Gesprächen mit Freunden. Zusammen mit einer Bibliographie stellt es eine vorzügliche Ergänzung zu den beiden Gedichtbänden dar. / RENATE WIGGERSHAUS, FR 25.3.
Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin: bis 27. Juni, weitere Stationen bis Ende 2011 Stockholm, Zürich und Dortmund.www.nellysachs.com
Nelly Sachs: Gedichte Band 1 u. 2., hrsg. von Aris Fioretos, Ariane Huml u. Mathias Weichelt, Suhrkamp Verlag, Berlin 2010, 344 u. 426 S., je 44 Euro.
Aris Fioretos: Flucht und Verwandlung – Eine Bildbiographie, Suhrkamp Verlag, Berlin 2010, 320 Seiten, 29,90 Euro.
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