108. Georges Wirkung und Georges Dichtung

Als Rudolf Borchardt 1909 seine große Besprechung von Stefan Georges „Siebentem Ring“ veröffentlichte, unterschied er die epochale Bedeutung Georges für die deutsche Literatur von der Verehrung einer Gemeinde, über deren Riten schon damals schäbige Gerüchte die Runde machten: „als ob dieser Anhang es wäre, was seine Wirkung auf die Zeit verewigt“. Hundert Jahre später nimmt die Wirkung Georges auf die Zeit wieder zu, aber das Interesse richtet sich weniger auf das Werk als auf den Anhang, den „Kreis“. Diesen Eindruck hat jedenfalls Ernst Osterkamp, der sich als Germanist herausgefordert sieht, Georges Wirkungen auf ihre Ursache zurückzuführen, Georges Dichtung.

Wie Borchardt legt Osterkamp eine exemplarische Interpretation eines Buches vor. Georges letzte Gedichtsammlung „Das neue Reich“ erschien 1928, im Jahr des sechzigsten Geburtstags. Osterkamps Buch bietet vier Studien zu einzelnen Gedichten, ergänzt um eine bezwingende, aus dem Gesamtwerk schöpfende Beschreibung einer Welt ohne Frauen. / Patrick Bahners, FAZ 17.3.

Ernst Osterkamp: „Poesie der leeren Mitte“. Stefan Georges Neues Reich. Edition Akzente. Hanser Verlag, München 2010. 292 S., br., 19,90 [Euro].

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