Fußnotengedichte

Der Gedichtband der argentinischen Lyrikerin Silvana Franzetti baut sich um die Nachrichtensendung des Landfunks LU 20 Radio Chubut auf. Der Landfunk sendet viermal am Tag Nachrichten, es ist die 13-Uhr-Sendung, mit dem letzten Gedicht endet die Sendung, die nächste Sendung beginnt um 16 Uhr. Der Landfunk bringt nach dem Wetter private oder regionale Nachrichten, meist an bestimmte Personen, die mit Namen benannt werden. Jedes Gedicht hat ein Sternchen, das auf eine Radiomeldung geht. Meist ist die Stelle im Gedicht irgendwie mit dem Inhalt der Nachricht verbunden. Vielleicht ist der Gedichtband die Sendung, Gedichte statt Musik, und die Stichworte öffnen sich zu Privatnachrichten. Zwischendurch wird das Radio nur selten erwähnt, so dass man auf diesen Gedanken kommen kann. Gedichte, die außer den verschiedenen poetischen Ebenen noch die der Direktnachricht an einzelne Leser bzw. Hörerinnen haben.*

*) He Bertram, darüber müssen wir noch reden.

Silvana Franzetti

Das, was bis vor kurzem ein Fahrrad* war
und jetzt das Abbild
des Musters einer Schablone ist
gestempelt in den Vorhang aus Metall
der einen Supermarkt verschließt.









*) Letzte Nachrichten.
An Elio Arancibia in der Gegend um Rincón Chico: Benita lässt ihn wissen, dass am Sonntag der Radfahrer kommt. Bitte mit dem Lamm auf ihn warten.


Der Zweifel, der der Reise vorausgeht, gleicht, wie ein Strauch dem anderen, dem Sturm.* Vielleicht wegen der Tendenz sich zu bewegen, die seine Knäuelform ihm gibt. Seitlich ausgedehnt, ohne Spitzen, vom Wind kaum transponiert, die Hochebene. Ich merke immer erst hinterher, dass ich an diesem Ort war.









*) An Miguel Valdés in der Gegend von Los Altares: Er wird gebeten, das Paket in der Tankstelle El Vendaval abzuholen. Falls dies jemand hört, der ihn kennt, soll er es ihm bitte ausrichten.

Aus: Silvana Franzetti: Fußnoten (Buenos Aires, 2002 / Berlin, 2005). Aus dem argentinischen Spanisch von Silvana Franzetti, Tara Mauritz und Monika Rinck. hochroth Berlin, 2021, S. 30 / 32

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