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Veröffentlicht am 30. März 2002 von rekalisch
Die neuste Ausgabe der Zeitschrift „neue deutsche literatur“ druckt drei Gedichte aus einer für dieses Frühjahr angekündigten Nachlaßpublikation bei Aufbau. Eins davon ist jedoch schon einmal, viel früher, ebenfalls bei Aufbau erschienen. „Die wenig gelungenen Stellen“ steht unter dem Titel „Auswahl“, aber sonst wortgleich, auf Seite 515 in Band 6 der Gesammelten Werke von – Johannes R. Becher . Gedruckt 1973. Es steht in der übrigens interessanten Abteilung „Nachlese“ – Gedichte, die Bechers Selbstzensur 1956/57 zum Opfer fielen. Vielleicht hat Inge Müller es im Nachlaß Bechers in der Ostberliner Akademie der Künste gefunden und abgeschrieben? – Ein schöner Beleg für Adolf Endlers These, daß die junge DDR-Lyrik der 60er Jahre ihre Form von Brecht , ihren Geist von Becher hatte. Becher nämlich schrieb 1956 – nach langer Schaffenskrise – eine Reihe antidogmatischer Gedichte – und versteckte sie sogleich wieder, indem er die schärfsten wegließ und andere stutzte. Der gestutzte Rest erschien in dem Band „Schritt der Jahrhundertmitte. Neue Dichtungen“1959 und enthält die Kritik am Stalinismus nur noch in sehr allgemeiner Form und eingepackt in sozialistische Preislieder. Auch die Veröffentlichung in der Werkausgabe (über 20 Bände!) änderte wenig an dem geschönten Becherbild, an dem die DDR-Literaturwissenschaft und -Schule bis zum Schluß festhielten. / EB, -tz März 2002
Kategorie: DeutschSchlagworte: Inge Müller, Johannes R. Becher
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