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Unter der merkwürdigen Überschrift „Ausgrabungen: Die ersten Texte rumäniendeutscher Dichter nach dem Krieg“ gibt es bei der Stattzeitung Südbaden einen Bericht über die Frankfurter Zeitschrift „Umbruch“, die 1986 Texte rumändiendeutscher Autoren mit einem Aufsatz darüber veröffentlichte. Merkwürdig zunächst, weil in dem Text die Situation in Rumänien 40 Jahre nach dem Krieg beschrieben wird. Die haben ja immer geschrieben. Auch sonst stimmt nicht alles:
Exemplarisch soll das Gedicht von Johann Lippert [Lıppet!] verdeutlichen, unter welchen Bedingungen die lyrischen Ergüsse damals entstanden sein müssen. Der Bildausschnitt wurde aus Umbruch (5-6/1986; S. 76) entnommen.
Herbst 1986 bekamen wir dankenswerterweise von einem Mann namens Jürgen Toth ein ganzes Paket zugestellt von Texten rumäniendeutscher Schriftsteller. Mit einem Essay, der hier unten auszugsweise folgen soll.
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Die Texte der Gedichte wirken heute oft als Nachhall der deutschen Naturlyrik, die Benn in Hass-Ekstasen getrieben hatte. Mit einigen bitteren Einsprengseln. Bösen Anmerkungen.
Diejenigen Schriftsteller, die heute noch in Temesvar leben, können heute nicht mehr in Rumänien publizieren, nachdem bereits in den letzten Jahren Gedichtbände von den Zensoren zusammengestrichen worden waren, einzelne Autoren Publikationsverbot erhielten. Nebenbei sei bemerkt, dass eine Existenz als freier Schriftsteller auch in besseren Zeiten nicht möglich war. Zwar sind die Autorenhonorare gesichert, unabhängig vom Verkaufserfolg, aber um „selbständig” zu sein, müssten mehrere Bücher pro Jahr publiziert werden – wofür wiederum der Markt zu klein ist. Die Auflagenhöhe bewegt sich je nach Autor zwischen 250 und 700 Exemplaren.
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Nachdem in den sechziger und siebziger Jahren bereits Autoren wie Pastior und viele andere ausgewandert sind, haben auch alle oben genannten ihre Ausreiseanträge gestellt.
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Dem langsamen Exodus der deutschsprachigen Literatur in Rumänien wird also unweigerlich der Exitus folgen. In einem Land, das sich zunehmend gegen alle westlichen Einflüsse abschirmt (keine ausländische Presse, Kontaktverbot für Rumänen mit Ausländern) und auf unbedingte Loyalität zur Politik des Generalsekretärs setzt, wird nur noch Raum bleiben für den windigen Opportunisten mit der schnellen Feder, der glaubt, sich von einer kritischen Äußerung durch zehn Lobeshymnen auf Partei-und Staatsführung freikaufen zu können.
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